Dürren und Fluten verschärfen dieselbe Krise
Äthiopien ist immer wieder mit Ernährungskrisen konfrontiert. Die UN prognostizieren, dass sich die momentane extreme Dürreperiode im südlichen und östlichen Äthiopien noch verschlimmern wird. Über 6,4 Millionen Menschen, so die Schätzung, werden von der Trockenheit betroffen sein und Lebensmittelhilfe benötigen.
Schon seit Jahrzehnten kämpfen viele Menschen in Äthiopien mit den Folgen von Extremwettereignissen wie Dürren und Fluten; vor allem viele Kleinbauern und - bäuerinnen, von denen es in Äthiopien zahlreiche gibt. Die Felder, die diese Familien bewirtschaften, sind meistens recht klein. Die Ernten fallen daher ohnehin knapp aus, auch wegen der ausgelaugten und steinigen Böden. Die Feldfrüchte sind stark auf regelmäßige Regenfälle angewiesen, um zu gedeihen, die aber werden immer seltener.
Insbesondere aus der Somali-Region im Osten Äthiopiens werden immer wieder massive Ernteverluste gemeldet. Die Dürreperiode, die seit 2015 anhält, zerstört laut UN-OCHA 70 Prozent der erwarteten Sorghum- und Maisernte, genauso wie 30 Prozent der Weizen- sowie der Zwiebel- und Tomatenernte. Auch in Süd-Oromia fällt70 Prozent der Ernte der Trockenheit zum Opfer. Das hat für die Menschen vor Ort fatale Folgen:
-
Der Zustand des Viehbestands verschlechtert sich weiter, hunderttausende Tiere verenden aufgrund des Futter- und Wassermangels.
- Berichten zufolge, sind viele Hirten, Viehzüchter und Bauernfamilien auf der Suche nach Weideland und Wasser bereits abgewandert. Die genaue Zahl der Vertriebenen ist unklar.
- Über drei Millionen Menschen in den Regionen Somali und Süd-Oromia haben nicht genug Trinkwasser und müssen auf Wasserlieferungen hoffen.
- Die Dürre trifft auch die Kinder. Viele Schulen in der Region haben geschlossen oder können kein Mittagessen mehr für die Kinder zubereiten. Mehr als 155.000 Schülerinnen und Schüler können infolgedessen nicht mehr zum Unterricht gehen (laut UN, Stand: Januar 2022)
Verwundbare Erde, entkräftete Menschen
Langanhaltende Trockenperioden quälen Millionen Menschen in Äthiopien und machen sie von Nahrungsmittelhilfen abhängig. Wenn es dann endlich regnet, stehen die Menschen oftmals vor neuen Problemen. Ein Beispiel aus dem Frühsommer 2016: Damals gingen ganze Landstriche nach plötzlichem Starkregen in den Fluten unter. Die zuvor durch die Dürre stark ausgetrockneten Flussläufe hatten sich in reißende Ströme verwandelt. Insbesondere im Süd- und Nordosten sowie in Zentraläthiopien war die Situation dramatisch. Eine halbe Million Menschen war von der Katastrophenflut betroffen. Häuser und ganze Siedlungen wurden weggeschwemmt. Fast 200.000 Menschen verloren ihr Zuhause.
Auch wenn der Zusammenhang zwischen einzelnen Extremwetterereignissen wie diesem und dem Klimawandel nicht vollständig und zweifelsfrei bewiesen ist, steht fest: Die Abstände der Naturgewalten werden kürzer, die Auswirkungen immer heftiger. Die Worte von Papst Franziskus treffen auf die Situation der Menschen in vielen Regionen Äthiopiens demnach sehr genau zu:
"Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander - eine Umweltkrise und eine der Gesellschaft -, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise. Die Wege zur Lösung erfordern einen ganzheitlichen Zugang, um Armut zu bekämpfen und den Ausgeschlossenen ihre Würde zurückzugeben."
In ihrer Not suchen viele Menschen in Äthiopien nach anderen Einkommensquellen als der Landwirtschaft. Einige schaffen es, sich mit Verkauf von Holzkohle über die Dürrezeit zu retten. Doch das schafft ein neues Problem: Es werden Wälder abgeholzt, die als Wasserspeicher unverzichtbar sind. Die Böden können den Niederschlag ohne Walddecke immer weniger aufnehmen, der Regen fließt ungenutzt ab und nimmt den wertvollen Boden mit, Ernten werden vernichtet oder verkümmern. Eine Abwärtsspirale, aus der ein Ausstieg aus eigenen Kräften immer schwieriger wird.
Nach wie vor schaffen es diejenigen, deren Lebensgrundlage zerstört wurde, oft nicht aus eigener Kraft, ihre Lage zu verbessern. Dabei sind es oft wenige Dinge, die sie als Unterstützung benötigen, um die alltäglich gewordene Katastrophe zu bewältigen: Ein Ochse zum Pflügen, Saatgut zum Bestellen der Felder, ein Wasserreservoir. Caritas international hilft ihnen dabei.