Nothilfe für Afghanistan
Drei Jahre Taliban-Regime in Afghanistan
Die Militäroffensive der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan begann im Oktober 2001 als Reaktion auf die Anschläge des 11. September. Nach dem Sturz der Taliban-Regierung kämpfte die neu gebildete afghanische Regierung mit internationaler Unterstützung gegen die Taliban und andere Aufständische und arbeitete für die Stabilisierung des Landes. Ende 2020 wurde ein Zeitplan für den Abzug der US-Truppen abgesteckt und ab Mai 2021 vollzogen. Parallel zu den USA zogen auch die übrigen Nato-Truppen aus Afghanistan ab, darunter die deutsche Bundeswehr. Nachdem ein Großteil der ausländischen Soldaten und Soldatinnen das Land verlassen hatte, eroberten die Taliban Afghanistan in Windeseile zurück.
Seit der Machtübernahme durch die Taliban befindet sich Afghanistan wie in einer Schockstarre und tiefen Depression. Die Angst vor der Gewaltbereitschaft der neuen Machthaber haben zu noch mehr Fluchtbewegungen geführt. Annähernd 700.000 Menschen haben laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR allein im Jahr 2021 ihre Dörfer und Städte verlassen. Rund 3,25 Millionen Afghaninnen und Afghanen leben aktuell als Binnenvertriebene im eigenen Land - und täglich werden es mehr.
Zwangsrückführungen verschärfen Flüchtlingsnot
Zwangsrückführungen verschlimmern die Krise - hunderttausende Flüchtlinge sehen sich nach einer Ankündigung der pakistanischen Behörden im Oktober 2023 mit ihrer Abschiebung konfrontiert. Unklar ist, wie viele Menschen nach Afghanistan unter Zwang rückgeführt werden. In Pakistan leben nach Regierungsangaben 4,4 Millionen Afghanen. 1,7 Millionen Menschen haben schätzungsweise keine gültigen Papiere. Sie sind besonders von den Abschiebungen bedroht. Viele Afghanen, die nun in ihr Heimatland zurückkehren müssen, stehen vor dem Nichts. Sie haben keinen Ort, an dem sie bleiben können, kaum Einkommensmöglichkeiten und können von Verfolgung betroffen sein.
Zusätzlich zu den massiven Restriktionen gegenüber Frauen und Mädchen, extremen klimatischen Bedingungen, dem wirtschaftlichen Niedergang im Land und der steten Angst vor den Taliban, leiden die Menschen in Afghanistan auch immer noch unter den Folgen des verheerenden Erdbebens in der Region Herat, das das Land im Jahr 2023 erschütterte. Unzählige Menschen leben bis heute in provisorischen Zelten.
Wirtschaftskrise und Finanznot in Afghanistan
Auch die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich rapide: Inflation und Arbeitslosenrate stiegen nach der Machtübernahme stark an, das Bankensystem ist kollabiert. Die USA froren Milliarden-Reserven der Zentralbank des Landes ein. Kontoinhaber konnten nur noch kleine Beträge abheben, es gab keine Kredite mehr und vielen Afghaninnen und Afghanen fehlt immer noch das Geld zum Leben. Die Preise für Lebensmittel, Dünger und Treibstoff haben sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt. Hinzu kommt, dass viele Länder und ebenso die Weltbank ihre Hilfszahlungen im Rahmen der Sanktionen gegen die Taliban zunächst gestoppt hatten. Es mangelt an Bargeld.
Erschwerend kommt hinzu, dass Afghanistan zu den Ländern auf der Welt gehört, die am meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden. Die ausbleibenden Niederschläge führen dazu, dass Ernten ausfallen, Tierfutter und Trinkwasser knapp sind. Die Lage der Bauern ist so dramatisch, dass Eltern teilweise ihre Kinder verkaufen müssen, um zu überleben.
All das trifft die Menschen im Land hart. Nach Angaben der Vereinten Nationen leben etwa 97 Prozent der Bevölkerung in Armut und zwei Drittel sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. Vier Millionen Menschen sind akut unterernährt, darunter 3,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren.
Caritas international unterstützt die Menschen in Afghanistan seit über 30 Jahren. Seit wir vor Ort aktiv sind, haben wir - in Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen - in 133 Gemeinden Projekte aufgebaut und durchgeführt. Auch unter den neuen Bedingungen laufen unsere Hilfen weiter, jedoch nur dort, wo wir sicherstellen können, dass Frauen in den Partnerorganisationen vor Ort tätig sein dürfen.