"Bei der Bekämpfung von Kinderarbeit kann es keine Kompromisse geben," beschreibt Schwester Subeshna, die Leiterin unseres Hilfsprojekts in Indien, ihren Arbeitsansatz. "Jedes Kind hat das Recht zu lernen und sich zu entwickeln, unabhängig davon, ob es aus einer reichen oder einer armen Familie stammt. Wenn Kinder arbeiten müssen, wird dieses Recht massiv eingeschränkt." Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation, den Schwestern von St. Joseph of Cluny, gehen wir in Darjeeling, Westbengalen, gegen Kinderarbeit vor.
So kämpft unsere Partnerorganisation in Indien gegen Kinderausbeutung
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Befreiungsaktionen von Kindern aus sklavereiähnlichen Verhältnissen.
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Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft, bei Politikern und Strafverfolgungsbehörden
- Politische Lobbyarbeit
- Einrichtung einer Notrufnummer, wo Fälle von Kinderarbeit gemeldet werden können
- Finanzielle Unterstützung von Familien, deren Kinder sonst arbeiten müssten, um die Familie zu unterstützen
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Ein Zuhause auf Zeit für 110 Kinder. Hier erhalten sie warme Mahlzeiten, können lernen, spielen und einfach Kind sein.
Schutzlos ausgeliefert
Denn auch wenn Kinderarbeit in Indien offiziell verboten ist, müssen über zehn Millionen Kinder unter ausbeuterischen, teilweise sogar gefährlichen Bedingungen arbeiten. "Die Mädchen arbeiten als Angestellte in privaten Haushalten, die Jungen eher in Teestuben, Restaurants oder im Transportbereich. Die Kinder, die in den Restaurants arbeiten, wohnen auch meistens dort. Sie haben keinen Rückzugsort, schlafen nachts auf den Tischen", beschreibt Schwester Subeshna, Leiterin des von Caritas international unterstützen Hilfsprojekts, die Situation.
Ein Kind, das 16 Stunden am Tag arbeitet, kann nicht zur Schule gehen
Je größer die Armut, desto größer die Gefahr, dass Familien auf ein zusätzliches Einkommen durch ihre Kinder angewiesen sind. Doch ein Kind, das täglich zehn bis 16 Stunden arbeitet, kann keine Schule besuchen und hat demzufolge nie die Chance, aus dem Armutskreis auszubrechen. "Die Kinder werden durch die Arbeit ihrer Kindheit beraubt und ebenso ihrer Chance auf Bildung. Was wir wollen, ist eine Gesellschaft, die Kinder ermutigt zu lernen und die keine Kinderarbeit duldet", sagt Schwester Subeshna.
Aufklärungsarbeit
Um das zu erreichen, setzt das von der Caritas unterstützte Projekt in erster Linie auf Bildung und Aufklärung. Denn will man eine Gesellschaft frei von Kinderarbeit erreichen, muss man alle mit ins Boot holen. Man muss den Familien klar machen, was Kinderarbeit bei Heranwachsenden anrichtet und welche Alternativen es gibt. Und man muss die Politik, die Strafverfolgungsbehörden und die wichtigsten Interessengruppen dazu bewegen, das Thema ernst zu nehmen und anzugehen. Oftmals wissen nicht mal Polizeibeamte, welche Rechte für Kinder in ihrem Land verbrieft sind. Auch Kinder wissen meistens nicht, welche Rechte ihnen zustehen. Mit Workshops und Schulungen über Kinderschutz und Kinderrechte und durch die Ausbildung von lokalem Fachpersonal versucht die Caritas hier gegenzusteuern.
Durchgreifen! Wir befreien Kinder aus Arbeitsverhältnissen
Wir setzen uns dafür ein, Kinder aus sklavereiähnlichen Verhältnissen zu befreien. Unsere Helferinnen, wie zum Beispiel Schwester Subeshna, lassen sich dabei von Polizisten, Regierungsbeamten und medizinisch geschultem Personal begleiten.
Nach der Befreiung versuchen die Schwestern, die Kinder zurück in ihre Familien zu bringen - von denen sie häufig unter falschen Versprechungen weggelockt worden waren.
"Wenn die Kinder gerettet wurden, versuchen wir gemeinsam mit den Behörden, ihre Familien ausfindig zu machen. Über die Familie des Kindes gibt es einen Untersuchungsbericht, auf dessen Grundlage entschieden wird, ob das Kind gleich nach Hause zurückkehrt oder erst einmal in unserem Heim unterkommt. Diese Entscheidung treffen die Regierungsbehörden. Rund 110 Kindern können wir ein Zuhause auf Zeit bieten. Oft bleiben die Kinder, bis sie 18 Jahre alt sind, manchmal auch, bis sie die zehnte oder zwölfte Klasse abgeschlossen haben. Danach kehren alle zu ihren Familien zurück. Immer, wenn ein Kind hier bei uns neu anfängt, fragen wir es nach seinen Träumen, seinen Ambitionen - denn genau das ist unsere Leitlinie", beschreibt Schwester Subeshna diesen Teil ihrer Arbeit.
Doch nicht allein die Kinder, sondern auch ihre Familien werden durch das Projekt unterstützt. Schwester Subeshna: "Eine Familie zu haben, ist wichtig für die Kinder. Deshalb ermutigen wir sie, nach Hause zurückzukehren. Aber gleichzeitig stellen wir sicher, dass die Kinder weiterhin zur Schule gehen. Wenn die Familien sich das nicht leisten können, springen wir ihnen auch finanziell zur Seite."
Zur Situation
Gemäß der Internationalen Arbeitsorganisation ILO gibt es in Indien rund 10,1 Millionen Kinder zwischen fünf und vierzehn Jahren, die arbeiten. Die Dunkelziffer liegt wohl weitaus höher. Im Bundesstaat Westbengalen gehen 1,2 Millionen Kinder einer Arbeit nach. Meist stammen sie aus ländlichen Regionen Bihars, Assams oder dem benachbarten Nepal. Armut, Gewalt in der Familie und Sprachhindernisse führen dazu, dass viele Kinder, statt zur Schule zu gehen, arbeiten müssen. Die indische Verfassung aus dem Jahr 1950 verbietet die Beschäftigung von Kindern unter vierzehn Jahren in Minen und Fabriken. In Artikel 45 formuliert sie die Bestimmung der Einführung unentgeltlicher und obligatorischer Schulbildung. Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer gesetzlicher Bestimmungen, die auf das Verbot und die Bekämpfung der Kinderarbeit abzielen, doch es mangelt es an deren Umsetzung.