Die Menschen hören draußen Schüsse und Detonationen, während sie voller Angst in ihren Häusern ausharren: Seit Montagmorgen, 27. Januar, liegen weite Teile der ost-kongolesischen Stadt Goma in den Händen der M23-Rebellen. Die Übernahme hat die Stadt ins Chaos gestürzt – zigtausende Menschen sind auf der Flucht, viele von ihnen waren schon mehrfach vor der Gewalt in der Region Nord-Kivu geflohen. Goma war ihre letzte Hoffnung, doch jetzt sind sie auch dort nicht mehr sicher.
Die Situation in der Stadt Goma sei „völlig unübersichtlich“, berichtet uns Richard Kabuyre, ein Mitarbeiter der Caritas Goma. Am 28. Januar schreibt er: „Die Kämpfe sind heute Morgen wieder aufgeflammt, was die humanitäre Lage zunehmend verschärft, weil die Menschen mit dem Nötigsten nicht mehr versorgt werden können.“ Der Caritas-Mitarbeiter berichtet zudem, dass die Mehrzahl der Menschen, die in den Flüchtlingscamps rund um die Stadt Schutz gesucht hatten, diese fluchtartig verlassen musste. Sie wissen nicht wohin. Viele sind verletzt. „Die Krankenhäuser sind überfüllt“, sagt Richard Kabuyre.
Die humanitäre Lage in Goma ist katastrophal. Schon vor der jüngsten Eskalation waren über 700.000 Vertriebene in den Flüchtlingscamps und informellen Siedlungen in und um die Stadt unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht. Die Caritas versorgte sie mit Wasserlieferungen, medizinischer Hilfe in mobilen Kliniken und kümmerte sich um Frauen und Kinder. Auch jetzt bleiben die Mitarbeitenden der Caritas Goma vor Ort und setzen ihre Hilfe fort, sobald es die Sicherheitslage zulässt.
Die Caritas hilft weiter im Ostkongo – auch während der Kämpfe
„Ich bin den Caritas-Kolleginnen und Kollegen äußerst dankbar, dass sie weitermachen werden. Die humanitäre Situation ist äußerst besorgniserregend und verschlechtert sich zusehends. Bereits vor den aktuellen Kämpfen war die Lage für die Menschen katastrophal“, sagt Oliver Müller, Leiter von Caritas international, der im vergangenen Jahr Goma besuchte.
Die Caritas ist seit drei Jahrzehnten durchgehend in Goma aktiv und hat in den vergangenen Jahren ihre Hilfen ausgeweitet, während viele andere Hilfsorganisationen ihre Mitarbeitenden evakuiert und ihre Arbeit eingestellt haben. Auch jetzt, unter diesen chaotischen und gefährlichen Bedingungen, steht die Caritas Goma den Menschen bei.


Die Lage der Vertriebenen ist verheerend. Die Menschen fliehen blind aus den Flüchtlingscamps und suchen Zuflucht bei bekannten Familien. Doch nicht alle finden einen sicheren Ort. Die Menschen sind ratlos – wohin sollen sie noch fliehen? Manche suchen Zuflucht in den bereits durch die Rebellen kontrollierten Gebiete um Goma herum – doch auch dort sind sie in großer Gefahr. Währenddessen fehlt es in den Camps nun an allem: Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung. Die ersten Camps sind komplett leer, andere Flüchtlingslager sind bereits zu 80 Prozent verlassen. Dafür sind unsere Krankenhäuser völlig überfüllt mit Verletzen.
Richard Kabuyre, Assistenz des Direktors der Caritas in Goma

Auch Richard Kabuyre hat sich trotz der Schüsse auf die Straße gewagt, um Kinder zu retten, die in dem Chaos obdachlos auf der Straße ausharren mussten. „In den Straßen tobt die Gewalt, doch die Straßenkinder haben keinen Zufluchtsort. Einige von ihnen waren verletzt. Wir konnten sie heute in Sicherheit bringen“, berichtet er, hörbar erleichtert.
Während viele versuchen, vor der Gewalt zu fliehen, hat sich Richard Kabuyre bewusst entschieden, zu bleiben. Er hätte mit seinem französischen Pass schon vor Tagen die Möglichkeit gehabt, aus Goma zu flüchten. Doch hier wird er gebraucht.
Wir sind in Gedanken bei den Menschen in Goma, bei Richard Kabuyre und all den mutigen Caritas-Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Um ihre wichtige Arbeit zu unterstützen, brauchen wir Ihre Hilfe.
Hintergrund
Die Kämpfe zwischen der kongolesischen Armee und den M23-Rebellen sind in der an Bodenschätzen reichen Provinz Nord-Kivu im Jahr 2021 wieder aufgeflammt. Seitdem kam es immer wieder zu Kämpfen in der Region, die die Menschen zur Flucht gezwungen haben. Allein in den ersten drei Januarwochen 2025 sind 400.000 Menschen geflohen. In den Provinzen Nord- und Süd-Kivu leben nach Angaben der Vereinten Nationen rund 4,6 Millionen Binnenflüchtlinge. In der Demokratischen Republik Kongo sind rund 26 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hier erfahren Sie mehr über die humanitäre und politische Lage im Kongo.