Jules bringt Kindersoldaten wieder zurück ins Leben
Noch immer werden im Kongo Jungen und Mädchen entführt und zu Kriegseinsätzen gezwungen. "Ich war 13 Jahre alt, als die Rebellen mich zwangen, mit ihnen zu kommen", erzählt Jules Iradukunda Kamonyo.
Im Jahr 2001 wurde er entführt. "Drei Jahre lang war ich Kindersoldat, bis mir endlich die Flucht gelang." Wenn er ruhig, aber bestimmt von seinem Leben erzählt, wird eines schnell klar: Es war eine gute Idee, ihn zum Leiter eines Zentrums für Kindersoldaten im Kongo zu machen. Denn besser als er könnte niemand die Jugendlichen verstehen, die unter seiner Leitung versuchen, wieder ins normale Leben zurückzufinden.
Kinder bleiben Kinder, auch als Soldaten
"Ich weiß, wie tief die seelischen Verletzungen sind, die einem in dieser Zeit zugefügt werden." Jules Iradukunda Kamonyo ist heute 33 Jahre alt und war nur einer von zigtausenden Kindersoldaten, die damals im Zweiten Kongokrieg von allen Kriegsparteien eingesetzt wurden. Mehrere konkurrierende Rebellengruppen versuchten, die Regierung der Demokratischen Republik Kongo zu stürzen, und gingen dabei extrem brutal vor. Warum so viele Kinder zwangsrekrutiert wurden? "Kinder bleiben auch als Soldaten Kinder," erklärt Jules Iradukunda Kamonyo. "Deshalb sind sie für die Milizen leicht zu manipulierende Arbeitskräfte. Sie werden bevorzugt für besonders grausame Tätigkeiten eingesetzt, zum Beispiel das Töten von Deserteuren oder Gefangenen."
In einem unbeobachteten Moment konnte Jules Iradukunda Kamonyo fliehen. Im nächsten Dorf erfuhr er zu seinem großen Glück, dass in der Nähe ein Caritas-Zentrum für Kindersoldaten lag. Dort absolvierte er ein dreimonatiges Demobilisierungsprogramm. Im Anschluss nahm ihn seine Familie wieder auf. Er wuchs jedoch ohne seine Mutter auf — sie war ermordet worden, als er noch ein Kleinkind war. Seine Brüder waren nicht von Rebellen entführt worden und konnten eine normale Ausbildung machen. Auch Jules Iradukunda Kamonyo setzte nun den zwangsweise unterbrochenen Schulbesuch fort und machte sein Abitur. Nach dem Studium wurde er Lehrer an einer Grundschule.
Traumata müssen professionell verarbeitet werden
Seit 2012 arbeitet er als Leiter des Caritas-Zentrums für Kindersoldaten in Kanyabayonga im Ost-Kongo, das unter anderem von Caritas international unterstützt wird. In dieser umkämpften Region werden bis heute Kindersoldaten "rekrutiert" beziehungsweise entführt, darunter viele Mädchen. Wenn die Rebellengruppen die Kinder irgendwann entlassen oder wenn die Kinder fliehen können, brauchen sie dringend professionelle Begleitung, um die erlittenen Traumata zu bewältigen.
"Diese schrecklichen Erlebnisse müssen sie verarbeiten, dabei unterstützen wir sie." Jules Iradukunda Kamonyo sieht das als seine vordringlichste Aufgabe an: "Wir bieten ihnen ein vorübergehendes Zuhause und überlegen gemeinsam, ob sie wieder die Schule besuchen oder eine Ausbildung machen können."
Die Wiedereingliederung der Kindersoldaten in die Gesellschaft ist jedoch alles andere als einfach, berichtet der Einrichtungsleiter: "Wir versuchen Kontakt zu ihren Familien herzustellen und sie behutsam wieder in ihre alte Umgebung zu integrieren. Das ist oft schwierig, weil die Familien Angst vor ihnen haben und nicht möchten, dass sie zurückkommen."
Viele der ehemaligen Kindersoldaten sind aggressiv und gewalttätig, sie nehmen oft Drogen und wissen nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Der Kontakt mit einem der ihren ist daher von unschätzbarem Wert: Jules Iradukunda Kamonyo ist ein überzeugendes Vorbild dafür, wie man es schaffen kann, die Fesseln der Vergangenheit abzustreifen.
Jules Iradukunda Kamonyo macht um seine Geschichte und sein segensreiches heutiges Wirken keine großen Worte. Seine Motivation erläutert er ganz bescheiden so: "Wir helfen den Kindern, ihren Platz in der Gemeinschaft wieder zu finden."