Hilfe für Flüchtlingskinder
Seit 2014 die Kämpfe im Osten der Ukraine eskalierten, sind über eine Million Menschen aus dem Donbass nach Russland geflohen. In Städten wie Rostow, direkt hinter der Grenze, war es deshalb bald fast unmöglich, noch Unterkünfte zu finden. Hier in Woljski, fast 500 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, waren die Chancen dagegen größer.
Außenansicht des Hotel Achtuba, in dem Flüchtlingsfamilien untergekommen sind. Foto: Philipp Spalek
Manchmal muss Hilfe ungewöhnliche Wege gehen
Das Hotel Achtuba vermietet seine drei oberen Stockwerke an die Stadt, die hier Flüchtlinge unterbringt. Diese Stockwerke sind in einem katastrophalen Zustand. Die Tapete blättert von den Wänden, ein Geruch nach modrigem Teppich liegt in der Luft. Wer ein bisschen Geld übrig hat, renoviert sein Zimmer auf eigene Kosten.
Für anderthalb Jahre bezahlte der Staat den ukrainischen Flüchtlingen die Miete, danach war Schluss. Seither bekommen sie keinerlei Unterstützung mehr. Wer noch hier ist, dem ist es bisher nicht gelungen, eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Das bedeutet, er oder sie darf - offiziell - auch nicht arbeiten.
Nastia ist mit ihrem Vater und ihrem Bruder vor den Kämpfen in der Ostukraine nach Russland geflohen. Nastias neues Zuhause ist ein kleines Zimmer in einem Hotel in Wolschsky. Zu fünft leben sie auf zwölf Quadratmetern. "Immerhin", sagt Nastia trocken, "ist die Aussicht vom 17. Stock ziemlich gut".Foto: Philipp Spalek
Aber die Flüchtlinge müssen die Miete jetzt selber bezahlen. 5000 Rubel kostet ein Einzelzimmer im Monat. Das ist billiger als eine eigene Wohnung, aber gleichzeitig zu teuer, um gleich zwei oder mehr Zimmer mieten zu können. Also leben ganze Familien in nur einem Einzelzimmer - bis zu fünf Personen kochen, essen und schlafen hier zusammen auf 12 m2.
Kinderzentrum im 15. Stock
Sascha (links) und Nastia (rechts) gehen immer gemeinsam ins Kinderzentrum. „Im Kinderzentrum der Caritas liest immer jemand mit mir. Ich will auch besser lesen lernen,“ sagt Sascha stolz, als wir sie fragen, warum sie gerne in den 15. Stock des Hotels kommt.Foto: Philipp Spalek
Um die Familien zu entlasten, hat die Caritas im 15. Stock einen früheren Konferenzraum angemietet. Seither können die Kinder, die hier im Hotel leben, jeden Tag nach der Schule hierherkommen. Ab 13 Uhr wird gekocht und die nach und nach eintrudelnden Kinder helfen mit: schneiden Gemüse, waschen Salat, decken den Tisch. Schon die Kleinen packen diszipliniert mit an. Alle, das ist offensichtlich, freuen sich auf das Essen. "Das Essen ist wichtig, die meisten Kinder kommen sehr hungrig zu uns", sagt Elena Kapitsyna, eine der beiden Erzieherinnen des Kinderzentrums. "Es bringt Routine in ihren Alltag und stärkt das Gemeinschaftsgefühl."
Die Kinder aus dem Hotel Achtuba in Woljski bereiten gemeinsam das Essen vor.Foto: Philipp Spalek
Nach dem Mittagessen werden Hausaufgaben gemacht und wenn das Wetter es zulässt, geht es gemeinsam raus. Wenn es regnet oder im Winter zu kalt ist, werden drinnen Geschichten vorgelesen, Gesellschaftsspiele gespielt oder gebastelt. Das ist nicht immer ganz einfach, in einem nur provisorisch zum Kinderzentrum umfunktionierten Raum mit bis zu 30 Kindern, die alle ein ganzes Bündel an Problemen mit sich herumschleppen.
Nastia ist 11 Jahre alt und besucht regelmäßig das Kinderprojekt. Hier findet sie die nötige Ruhe und den Platz, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Hier können Sie mehr über Nastias Geschichte erfahren.Foto: Philipp Spalek
"Aber durch die räumliche Nähe", sagt die Erzieherin Elena Kapitsyna, "können wir die Familien am meisten entlasten." Viele Kinder sind tagsüber alleine im Hotel, weil ihre Eltern arbeiten müssen. "Dadurch, dass wir hier direkt im 15. Stock sind, können aber auch schon die Kleinsten selbständig zu uns kommen."