Im Sommer 2023 habe ich mich auf die wohl größte Reise meines Lebens begeben: Es ging für ein Jahr nach Peru, genauer gesagt nach Arequipa, der südlichsten Großstadt des Landes. Dort habe ich im Rahmen eines Freiwilligen Internationalen Jahres meinen Freiwilligendienst in zwei Schulen geleistet. Die Schulen waren eine Anlaufstelle für Jugendliche und Kinder mit geistiger und/oder körperlicher Beeinträchtigung – eine völlig neue Erfahrung für mich, da ich zuvor noch nie mit einer solchen Personengruppe gearbeitet hatte. Beide Schulen werden von der Cáritas Arequipa geleitet, die auch meine Einsatzstelle war.
Cáritas Arequipa organisiert zahlreiche soziale Projekte, und während meiner Zeit in Peru durfte ich viele verschiedene Arbeitsbereiche der Organisation kennenlernen. So habe ich beispielsweise eine Kollegin bei der Vorbereitung und Verteilung von Essensspenden unterstützt. Ein weiteres Projekt, an dem ich teilnehmen durfte, war die „Campaña de Friaje“. Im Rahmen dieser Kampagne fährt ein Teil des Cáritas-Teams in abgelegene, teils bis zu 3.500 Meter hoch gelegene Dörfer, um Lebensmittel- und Kleiderspenden zu verteilen. Diese Erfahrung zählt zu den schönsten Erinnerungen meines Freiwilligendienstes, da ich nicht nur ein neues Arbeitsfeld der Cáritas kennenlernen, sondern auch die atemberaubende Landschaft Perus erleben durfte.
In den Schulen selbst finden oft Feste oder Feierlichkeiten statt. So wurde beispielsweise am 23. September der „Día del Estudiante“ mit einem großen Fest gefeiert. Da die Schulen bereits am frühen Nachmittag schließen, habe ich an den Nachmittagen im Büro der Cáritas mitgeholfen. Eine meiner Aufgaben dort war die Unterstützung bei einem Backkurs, der von der Cáritas angeboten wird. Dieser Kurs richtet sich an eine Gruppe von Frauen, die lernen, wie man süße Speisen wie Muffins, Torten, Kekse und andere Leckereien zubereitet. Zum Abschluss des Kurses erhält jede Teilnehmerin ein Zertifikat sowie eine Küchenmaschine, Backschüsseln und eine Mikrowelle.
Darüber hinaus betreibt die Cáritas auch eine eigene Ausbildungsstätte (CETPRO) für junge Erwachsene mit Beeinträchtigungen. Während meiner gesamten Zeit bei der Cáritas wurde mir bewusst, wie vielseitig die Organisation tätig ist. Selbst jetzt, nach meiner Rückkehr, bin ich noch immer beeindruckt vom bemerkenswerten Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Unterstützung bedürftiger Menschen. Besonders die Kampagnen haben mir gezeigt, dass keine Region zu abgelegen ist, um den dort lebenden Menschen mit Lebensmitteln und Kleidung zu helfen. Dieser unermüdliche Einsatz zeugt von einem tief verwurzelten Glauben an Solidarität und Menschlichkeit, die das Herzstück der Arbeit der Cáritas bilden.
Persönlich habe ich noch nie in meinem Leben in einem Jahr so viele Höhen und Tiefen erlebt, so viele Menschen kennengelernt und so viele Ungerechtigkeiten gesehen. Ich habe das Gefühl, nicht nur wertvolle Erfahrungen gesammelt, sondern mich auch persönlich stark weiterentwickelt zu haben. Es gab Momente, in denen ich mich allein zurechtfinden musste, mich nicht verstanden fühlte und alles infrage stellte. Doch gerade in diesen Zeiten habe ich gelernt, an Herausforderungen zu wachsen.
Ich bin überzeugt, dass ich in Peru mehr an mir selbst gewachsen bin, als ich es je in Deutschland getan hätte. Viele der Erlebnisse und Erfahrungen, die ich in diesem einen Jahr machen durfte, hätte ich in Deutschland nicht einmal in mehreren Jahren erlebt. Mein Freiwilligendienst hat meinen Blick auf Deutschland und die Welt nachhaltig verändert. Ich nehme viele Dinge, die in Europa selbstverständlich erscheinen, nun bewusster wahr und hinterfrage viel mehr das globale Ungleichgewicht. Wie kann es sein, dass wir alle auf derselben Erde leben, unsere Lebensrealitäten – sei es Lebensstandard, Gesundheitsversorgung oder Ernährungssicherheit – aber so grundlegend unterschiedlich sind?
Ich bin unglaublich dankbar für all die unvergesslichen Momente, die inspirierenden Menschen, die ich kennenlernen durfte, und jeden einzelnen Tag, den ich in Peru verbringen konnte. Mein Freiwilligendienst und das Land Peru – insbesondere Arequipa – werden für immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.