Wir helfen
Aufsuchend helfen: Hingehen statt abwarten
Es lohnt sich, die Menschen bei sich zuhause aufzusuchen und die Angebote so niedrigschwellig wie möglich zu gestalten. Wenn es die Räumlichkeiten zulassen, können Anträge direkt vor Ort ausgefüllt werden. Das bedeutet auch, aus der eigenen Arbeits- und Komfortzone herauszugehen, abends und am Wochenende die Menschen aufzusuchen. Absprachen mit der Leitung dahingehend sind wichtig.
Oft treffen Sie auf Menschen, die vorher noch nie Kontakt zur Caritas hatten oder ein sehr eingeschränktes Bild der Caritas aufweisen (Sozialstation, Altenhilfe...), dies gilt es aufzubrechen.
Individuell helfen
Jeder Mensch ist anders - also müssen auch die Hilfen individuell sein. Pauschale Lösungen für alle Betroffenen sind nicht zielführend.
Betroffene haben unterschiedliche Bedarfe: Die einen suchen ein offenes Ohr, für die anderen steht die finanzielle Unterstützung im Vordergrund. Als Fluthelfer_in sollte man immer genau hinhören und auf die Bedarfe der Einzelnen eingehen. Diese können sich über die Zeit auch verändern. Fluthilfe ist dynamisch. Identifizieren Sie das, was die Menschen verbindet.
Ganzheitlich helfen
Die Caritas genießt bei vielen Menschen ein großes Vertrauen. Oft geht es in der Fluthilfe darum, Beziehungen zu Betroffenen aufzubauen. Eine Flutkatastrophe spült oft auch viele andere Probleme an die Oberfläche: Konflikte in der Familie, Erkrankungen, finanzielle Not. All diese Themen tauchen auch in der Fluthilfe auf.
Eine gute Vernetzung der Fluthilfe mit den bestehenden Fachdiensten der Caritas ist sehr wichtig, um Betroffene weiterzuvermitteln. Allein diese ganzheitliche Orientierung und Weitervermittlung stellt für viele Betroffene eine große Hilfe dar. Denken Sie in einem Netzwerk – wenn sie neu im Verband sind, tauschen Sie sich unbedingt mit erfahrenen Kolleg_innen aus.
Checkliste: Angebote für die Betroffenen
Wir bieten an:
- Beratung bei Anträgen auf staatliche Hilfen
- Bearbeitung von Anträgen, die bei der Caritas gestellt werden: Caritas-Soforthilfen, Haushaltsbeihilfen und Wiederaufbauhilfen, Unterstützung für Vereine und soziale Einrichtungen.
- Vermittlung zu anderen Caritas-Fachdiensten (z. B. Wir bieten nicht an: Schuldnerberatung, Rechtsberatung, Suchtberatung, Allgemeine Sozialberatung, Paar- und Familienberatung ...) sowie externen Stellen (z.B. psychiatrische Kliniken, Behörden). eingestellt).
- Kommunizieren und erklären - denn die Betroffenen sind keine Expert_innen in all den Aufgaben, die nun bevorstehen.
- Aufsuchende Sozialarbeit
- Entwicklung von Sozialraumprojekten (z.B. Treffpunkte, Spielenachmittage etc.).
- Anwaltschaftliches Handeln: Wir unterstützen die Betroffenen dabei, gehört und gesehen zu werden und ihre Rechte einzufordern. Wir weisen Behörden auf Schwierigkeiten oder nicht zielführende Maßnahmen hin.
Wir bieten nicht an:
- Psychotherapie (es sei denn, es wurde dafür qualifiziertes Personal eingestellt.
- Hilfe für Unternehmen oder Firmen, sofern nichts anderes bekannt gegeben wird.
Das Prinzip der Nachrangigkeit
Beim Wiederaufbau orientiert sich die Caritas am Prinzip der Nachrangigkeit. Als erstes muss - falls Betroffene versichert sind - die Versicherung den Schadensfall prüfen. Entsprechende Rechtsberatung kann die Caritas zur Verfügung stellen und finanzieren. Was die Versicherung nicht zahlt, übernimmt der Staat, allerdings meist nur zu einem gewissen Anteil (bei der Flut 2021 waren es 80%). Erst dann dürfen Spenden zum Einsatz kommen. Würde die Caritas sofort damit beginnen, Heizungsanlagen zu finanzieren, nähme sie die Versicherungen und auch den Staat aus der Pflicht. Das wäre sicherlich nicht im Sinne der Spenderinnen und Spender. Die Nachrangigkeit macht also Sinn. Allerdings führt sie auch zu Verzögerungen, die für die Betroffenen - verständlicherweise - nur sehr schwer auszuhalten sind.
Das Prinzip der Betroffenheit und Bedürftigkeit
Nicht jeder Mensch, der von einer Katastrophe betroffen ist, ist auch bedürftig. Und nicht alle Menschen sind gleichermaßen betroffen. Weil unsere Mittel begrenzt sind, müssen wir zielgerichtet helfen. Also denjenigen Menschen, die unsere Hilfe am meisten benötigen. Das Gießkannenprinzip ist hier fehl am Platze.
Wie beurteilen wir die Bedürftigkeit der Betroffenen? Wir brauchen dazu eine systematische Beurteilung des jeweiligen Einzelfalles nach klar definierten Kriterien, bei der auch die Beurteilung der staatlichen Stellen mit einfließt. Dieser Prozess muss innerhalb der Caritas einheitlich erfolgen. Es gibt Grundlagen zur Prüfung der wirtschaftlichen Bedürftigkeit, aber auch zur körperlichen, geistigen oder seelischen Hilfsbedürftigkeit.
Psychologische Hilfen
Wie geht es den Betroffenen?
Wie auch direkt nach der Flut gilt: Jede_r reagiert anders!
Vielen fehlt der Überblick, die gewohnte Struktur fehlt. Wichtige Dokumente fehlen. Die Menschen leiden unter multiplen Belastungen (Kosten, Baustelle, Angst, private Probleme). Viele haben das Bedürfnis, von ihren Erfahrungen in der Flut zu erzählen - dadurch können Beratungen viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Betroffenen können diverse Symptome entwickeln.
Mögliche Belastungssymptome: Mehr/weniger Schlaf, Alpträume, veränderter Appetit, Unruhe, Reizbarkeit, Wut (auch Vorwürfe gegenüber Helfenden), depressive Stimmung, Einsamkeit, verminderter/verstärkter Antrieb, Überforderung, Redebedarf oder Rückzug, Flashbacks, Suizidgedanken...
Was können wir für Sie tun?
- Aufklären über psychologische Angebote Präsent sein!
- Vernetzen mit Hausärzt_innen, Psychotherapeut_innen, sozialen Einrichtungen usw.
- Gut zuhören und individuell beraten. Schamgefühle validieren und neutralisieren.
- Aufklären über psychische Belastungssymptome.
- Auffangen, zuhören, da sein.
Wir organisieren
Fluthilfe ist Netzwerkarbeit
Die Caritas leistet ihre Fluthilfe inmitten von vielen anderen Akteuren. Netzwerkarbeit auf allen Ebenen ist daher sehr wichtig. Sofern noch nicht vorhanden, sollten Gremien mit allen wichtigen Akteuren gebildet werden, um abgestimmtes Handeln und Helfen zu ermöglichen. Wann immer das sinnvoll ist, sollte zielgerichtet mit Anderen kooperiert werden.
Bei jedem Hilfsangebot sollte die Caritas sich die Frage stellen: Fällt das in unsere Zuständigkeit? Können wir das leisten? Oder können das andere vielleicht sogar besser?
Beispiele für andere Akteure innerhalb des Netzwerks: Stadt, Kommune, Ehrenamtliche, andere Hilfsorganisationen und (Bürger-)Initiativen.
Wir suchen Fluthilfe-Personal!
Wenn die Caritas bei Katastrophen in Deutschland tätig wird, kann in den wenigsten Fällen auf ausgebildete und erfahrene Katastrophenhelfer_innen in den Ortscaritasverbänden zurückgegriffen werden. Gleichzeitig steht und fällt wirksame Katastrophenhilfe mit der Qualifikation des eingesetzten
Personals.
Es hat sich gezeigt, dass verbandsnahes Personal oft deutlich schneller in seine Rolle finden kann. Das Wissen über Verbandsstrukturen, bestehende Fachdienste und Arbeitsweisen ist viel wert. Das Personal ist das Herzstück der Fluthilfe – es lohnt sich also, Zeit und Ressourcen in geeignetes Fachpersonal zu investieren.
Wichtig ist: Kosten für Projektpersonal können in das Projektbudget übernommen werden.
Den richtigen Rahmen für die Arbeit schaffen
Die Arbeit in der Fluthilfe kann sehr belastend sein. Nicht selten sind die Mitarbeitenden auch selbst von der Flut betroffen. Innerhalb von kurzer Zeit muss ein Rahmen für ein sich neu bildendes Team geschaffen werden. Dazu kommt, dass Fluthilfe an sich einen langen Atem, hohe Belastbarkeit und viel Empathie erfordert. Gelungene Teamarbeit und eine gute Anbindung an die Leitungspositionen sind wichtige Erfolgsfaktoren. Gutes Personal kann nur dann gut arbeiten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Beispiele: zentrale Räumlichkeiten, z. B. für ein Fluthilfe-Büro, Mobilität, regelmäßige Teamtreffen, Fortbildungen, gute psychosoziale Bedingungen, klar definierte Entscheidungskompetenzen, Zutrauen der Leitungsebene in die Potentiale der Mitarbeitenden.
Flexibel oder strukturiert?
Auf der einen Seite ist Fluthilfe ein dynamisches Arbeitsfeld, das viel Flexibilität und schnelles Handeln erfordert. Auf der anderen Seite gilt: Bevor man loslegt, sollte man gut planen. Oft zahlt es sich
aus, lieber etwas abzuwarten, verbandsübergreifende Strukturen zu schaffen und dann abgestimmt zu handeln. Dazu gehört auch die Abstimmung mit anderen Akteuren. Eine klare und durchdachte Vorgehensweise ist langfristig nachhaltiger und verhindert eine zusätzliche Überforderung der Betroffenen.
Innerhalb der Caritas streben wir eine abgestimmte Vorgehensweise an. Gemeinsam tragen wir die Verantwortung für die Verwendung der Spenden zugunsten der Bedürftigen. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist eine klare Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Ebenen (Ci, DiCV, OCV) und eine enge interne Koordination und Zusammenarbeit erforderlich.
Das bedeutet:
- Wir harmonisieren unsere Hilfsmaßnahmen (z.B. Auszahlungsbeträge).
- Wir sprechen uns ab zur Kooperation mit anderen Akteuren und schaffen einheitliche Vergabekriterien.
- Wir klären technische und organisatorische Fragen der Programmdurchführung.
- Wir haben eine gemeinsame Sprachregelung für Informationen an die Öffentlichkeit.
- Wir legen einheitlich Rechenschaft ab über den Einsatz der Spendenmittel.
Wir kommunizieren
Transparenz und Rechenschaft
Eine Flutkatastrophe geht mit großer medialer Aufmerksamkeit einher. Das öffentliche Interesse ist groß – auch am Einsatz der Spendengelder. Viele Menschen haben sich solidarisch gezeigt und der Caritas mit ihrer Spende ihr Vertrauen geschenkt. Es ist unsere Pflicht, regelmäßig und transparent über den aktuellen Stand der Hilfen zu informieren. Dies ist angesichts der schwierigen Lage, in der sich viele Betroffene nach wie vor befinden, umso wichtiger. Wir brauchen also eine regelmäßige Abfrage des Verausgabungsstandes und der aktuellen Hilfen in allen betroffenen Caritasverbänden, um jederzeitig gegenüber der Öffentlichkeit auskunftsfähig zu sein. Hierzu müssen wir innerverbandlich (OCV, DiCV, Ci) eng zusammenarbeiten.
Checkliste: Worüber kommunizieren wir?
Wir bieten an:
- Social Media (Instagram und Facebook)
- Presse
- Werbung in bestehenden Chatgruppen
- Aushänge zu konkreten Angeboten und Aktionen
- Kommunikation innerhalb des Verbandes, z.B.in Newslettern
- Homepage
- “Haus-zu-Haus” - Aktionen
- Flyer
- Digitales Mapping aller Fluthilfebüros
Wichtig: Was in einer Gegend gut funktioniert, funktioniert anderswo gar nicht. Multiplikator_innen sind sehr wichtig. Es muss überprüft werden, ob die Angebote auch in anderen Sprachen kommuniziert werden.
Kommunikation mit den Medien
Der Kontakt zur lokalen Presse ist wichtig, um dort über aktuelle Angebote der Fluthilfe zu informieren. Sofern noch keine Kontakte zu lokalen Journalist_innen bestehen, sollten diese aufgebaut werden.
- Es macht Sinn, innerhalb des OCV eine Person als Ansprechpartner_in für die Medien zu benennen. Diese steht im Kontakt mit anderen Caritas-Kolleg_innen, die für die Kommunikation zuständig sind. Außerdem filtert sie alle Informationen nach Relevanz und entscheidet, was kommuniziert werden sollte.
Wir sind da - und bleiben!
Die Caritas ist für die Menschen da. Auch dann, wenn die ersten Helfer_innen das Katastrophengebiet langsam wieder verlassen.
Wir sind da - und bleiben. Diese Botschaft muss immer wieder an die Betroffenen getragen werden. Wir selbst kennen unsere vielfältigen Angebote und Hilfen. Die Betroffenen sind sehr belastet und brauchen häufig mehrere Kontakte, bis sie unsere Hilfen tatsächlich in Anspruch nehmen.
Daher gilt: Botschaften wiederholen, auch über einen langen Zeitraum – oft kommen die Betroffenen erst nach Monaten, z. B. weil es dann gerade wieder in der Zeitung stand, dass die Caritas hilft.
Die Betroffenen
Es mag wie ein kleines Detail erscheinen, ist aber sehr wichtig: Betroffene sind keine Opfer. Oft reden wir von den Opfern einer Katastrophe oder von Flutopfern. Der Opferbegriff ist jedoch in der Kommunikation zu vermeiden.
Die Menschen sind Betroffene – es sind Menschen mit Würde und Potenzialen, keine Opfer ohne Hoffnung. Diese Haltung sollte in der gesamten Kommunikation bewahrt werden.
Laden Sie hier die gesamte Arbeitshilfe als PDF herunter.