Klimawandel und Ernährungssicherung
Kenia: Eine große Belastung für alle, die in Dürreregionen leben, sind die weiten Wege, die sie täglich zurücklegen müssen, oft zu Fuß. Sabdio Umuro ist eine von ihnen. Bente Stachowske / Caritas international, 2016
In vielen Weltregionen sinken durch den hohen Wasserkonsum die Grundwasserspiegel, da vielerorts die Wasserentnahme die natürliche Wiederbefüllung der Wasserkörper weit übersteigt. So hat sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten die weltweite Grundwasserentnahme mehr als verdreifacht. Bedrohlich ist diese Tatsache, weil damit das Recht auf Zugang zu Wasser für viele Menschen nicht mehr gewährleistet ist.
Veränderungen im Wasserhaushalt
70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs gehen zu Lasten der Landwirtschaft - die Tendenz steigt. Dabei produziert die Landwirtschaft nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch einen hohen Anteil an Biomasse, die anderen Zwecken als der Ernährung zukommt. Biomasse wird zum Beispiel für die Herstellung von Treibstoffen wie Bioethanol und Biodiesel eingesetzt. Dabei ist inzwischen von der Europäischen Untion eine Studie herausgegeben worden, die belegt, dass die Kohlendioxid-Bilanzen dieser biobasierten Treibstoffe sehr schlecht sind und mit ihnen keineswegs weniger klimaschädliche Emissionen ausgestoßen werden.
Ohne Wasser werden diese Tomatensätzliche in einer Bergregion Äthiopiens nicht wachsen. Foto: Bente Stachowske/ Caritas international
Hinzu kommt der Klimawandel, der die Wasserversorgung der Erde verändert, wobei die regionalen Unterschiede beträchtlich sind. So gingen die Niederschläge in den subtropischen Gebieten im vergangen Jahrhundert bereits um rund drei Prozent zurück, während sie in den gemäßigten Breiten der Nordhemisphäre um fünf bis zehn Prozent anstiegen.
Die Dauer von Regen- oder Trockenzeiten haben sich verändert. Starkniederschlagsereignisse treten gehäuft auf. Bedingt durch diese Vielzahl von Veränderungen im Wasserhaushalt gehen Prognosen davon aus, dass insbesondere die 40 ärmsten Staaten (Afrika und Lateinamerika) bis 2080 zehn bis zwanzig Prozent ihrer Kapazität zur Getreideproduktion einbüßen werden. Insbesondere in den trockeneren Regionen Afrikas und Asiens sind rund 1,2 Milliarden ländliche Haushalte für das Erwirtschaften ihrer Lebensgrundlage von den lokalen Grundwasserressourcen abhängig, ihre Ernährungssicherheit steht auf dem Spiel.
Konkurrenz um Wasser in der Landwirtschaft
Die Gründe für den rasanten Anstieg des Wasserbedarfs in der Landwirtschaft liegen auf der Hand: Mehr als 40 Prozent aller Lebensmittel werden weltweit auf künstlich bewässerten Flächen angebaut. Dies hat viele positive Effekte: Insbesondere in den bevölkerungsreichen Ländern Südostasiens half der Bau von Bewässerungsanlagen seit den 1960er Jahren die landwirtschaftlichen Erträge zu steigern und die Lebensbedingungen für Millionen Menschen zu verbessern. Doch die Globalisierung der Agrarwirtschaft hat zu weitreichenden Veränderungen von Anbauprodukten geführt. Mais, Baumwolle oder Zuckerrohr und Palmöl dienen nicht der Ernährung, sondern werden als Futtermittel oder Rohstoffe für die Textilindustrie oder als Agrartreibstoff weiterverarbeitet. Der Anbau dieser Pflanzen aber kostet besonders viel Wasser. So wird er zu einer teilweise lebensbedrohlichen Konkurrenz für Bauern in der Nähe der Großplantagen, wenn durch übermäßige Wasserentnahmen das Grundwasser sinkt, Brunnen versiegen und Flüsse und Seen kaum noch Wasser führen.
Wasser verantwortlich teilen
Es braucht einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Wasser und einen politischen Rahmen, der allen Menschen den Zugang zu Wasser ermöglicht. Sonst sind weder Wassersicherheit noch die damit eng verknüpfte Ernährungssicherheit und Armutsbekämpfung möglich. Auch die Widerstandskräfte der Bevölkerung gegenüber veränderten klimatischen Bedingungen stehen und fallen mit dem Zugang zu Wasser.
Um Ernährungssicherheit für alle Menschen zu erreichen, insbesondere auch für die ländliche Bevölkerung der Entwicklungs- und Schwellenländer, die den größten Teil der Armen darstellt, sind entsprechend förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie müssen der Lokalbevölkerung den Zugang zu den lokalen Wasserressourcen ermöglichen bzw. erhalten. Gemeint sind hiermit einerseits Regelungen, die ein Abgreifen von Land- und Wasserressourcen verhindern oder zumindest massiv beschränken. Zudem ist der Konsum wasserintensiver Importprodukte durch die Industrieländer zu überdenken, da sonst die Chancen der ländlichen Bevölkerung in den Entwicklungs- und Schwellenländern für eine eigene Entwicklung beeinträchtigt werden.
Auch braucht es angepasste Anbauverfahren, die traditionelles Wissen und lokale Landsorten integrieren sowie natürliche Prozesse in den Ökosystemen der Erde erhalten, statt sie zu bekämpfen oder zu zerstören. Nur so kann auch die nötige Anpassung an den Klimawandel durch die ländliche Bevölkerung in den Ländern des Südens gelingen. Hierbei ist der Erhalt der Vielfalt in der Landwirtschaft von hoher Bedeutung: Statt den Anbau auf einzelne oder einige wenige Arten zu verengen, erlaubt ein vielfältiger Anbau bessere Ernten und stärkt die Widerstandsfähigkeit der Landwirte angesichts der zunehmenden klimatischen Unwägbarkeiten.
Am Bedarf orientiert
Caritas international unterstützt zum Beispiel in Bolivien die Einrichtung eines Ko-Finanzierungsfonds. Aus diesem Fonds werden Projekte umgesetzt werden, deren Schwerpunkte auf dem Zugang zu Trinkwasser oder auf der Installation von Bewässerungssystemen für die Landwirtschaft liegen. Die konkrete Arbeit orientiert sich an den unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Dorfgemeinschaften. Hierdurch kann die Ernährungssituation und die gesundheitliche Situation von rund 700 kleinbäuerlichen Familien in den bolivianischen Departements La Paz, Cochabamba und Potosí verbessert werden.