Schwerste Flutkatastrophe der Geschichte
Im Sommer 2010 ereignete sich die schwerste Flut der Geschichte PakistansCaritas international
Naturkatastrophen und insbesondere Überschwemmungen sind in Pakistan keine Seltenheit. Das Land lässt sich grob in drei Klimaregionen einteilen: Die Küste, die Wüsten und Savannentäler und schließlich das Gebirge. Allen gemeinsam ist die jährliche Regenzeit zwischen Juni und August, wenngleich die Niederschläge variieren. Diese Monsunregen sorgen in Pakistan regelmäßig für Überschwemmungen. Seit 1900 zählte die pakistanische Regierung rund 70 schwerer Überflutungen, doch die Flut 2010 übertraf in jeder Hinsicht die bisherigen Erfahrungen mit Überschwemmungen. Ein solches Ausmaß hatte es bisher nicht gegeben.
Eine Flutkatastrophe nimmt ihren Lauf
Wie in den Jahren zuvor erreichte auch 2010 der Monsun das Land im späten Juni. Allerdings fielen die Regenfälle im Gegensatz zu früheren Jahren besonders stark aus. Ein Grund waren die außergewöhnlich warmen Vormonate, in denen sich sehr viel Schmelzwasser im Himalaya bildete.
Von den Flutwellen in zwei Hälften gerissenes Krankenhaus im Swattal
In der Folge schwollen die großen Flüsse des Landes in kürzester Zeit enorm an, insbesondere der Indus, mit über 3.000 Kilometern der längste und wichtigste Fluss Pakistans. Vom Himalaya im Norden Pakistans kommend, durchfließt der Indus das ganze Land, bildet unterhalb von Hyderabad in der Provinz Sindh ein Delta und mündet schließlich ins Arabische Meer. Die Flüsse verwandelten sich im Juni 2010 in reißende Ströme, die vom Norden her riesige Regionen überschwemmten und alles mit sich rissen, was ihnen im Weg stand: Brücken, Straßen, Eisenbahnschienen, Tiere und Bäume. Sie spülten ganze Lehmhäuser weg, zerstörten Strom- und Wasserleitungen sowie Schulen und Krankenhäuser.
Jeder Zehnte war direkt von der Flut betroffen
Bereits nach kurzer Zeit erreichte die Flut auch den Süden des Landes. Die "National Disaster Management Authority", die sich in Pakistan mit dem Katastrophenschutz beschäftigt, ist sich schnell einig, dass es sich um die schwerste Flut der Geschichte Pakistans handeln würde. Die Schadensbilanz ist ernüchternd: Schätzungsweise 20 Millionen Menschen, also fast jeder Zehnte, ist direkt von der Flut betroffen. Rund 2.000 Menschen verlieren im Kampf mit den Wassermassen ihr Leben, und beinahe zwei Millionen Häuser werden beschädigt oder völlig zerstört. Etwa 40.000 Familien in 81 von insgesamt 119 Bezirken Pakistans waren von den Auswirkungen der Flut betroffen, ein Großteil ist von heute auf morgen ohne Schutz und festes Obdach. Neben ganz existentiellen Problemen haben die Menschen in Pakistan mit der Bewältigung traumatischer Erlebnisse zu kämpfen, die jeder Einzelne in diesen Tagen und Stunden machen musste.
Die weitreichenden Folgen der Flut
Ein Mann versucht sein Vieh zu retten
Man schätzt, dass nach der Flut 2010 rund 20 Prozent der gesamten Fläche Pakistans zeitweise unter Wasser stand und etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Mitleidenschaft gezogen wurde. In den Provinzen Sindh und Punjab blieb das Wasser zum Teil bis zum Jahresende auf den Feldern stehen und zerstörte die lebensnotwendige Ernte. Fast zwei Drittel der Bevölkerung lebt von Landwirtschaft. Viele Menschen flüchteten und zogen auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf durchs Land. Aufgrund des Zusammenbruchs der Infrastruktur und der Wasserversorgung wurden die Nahrungsmittel im Land knapp und sauberes Trinkwasser war vielerorts Mangelware. Auch die medizinische Versorgung, die vor der Flut schon schlecht war, litt in besonderem Maße unter den Folgen der Flut. Der volkswirtschaftliche Schaden summierte sich nach offiziellen Schätzungen auf 43 Milliarden US-Dollar. Nicht nur den Menschen in Pakistan, auch den internationalen Hilfswerken war klar, dass das Land über die erste Nothilfe hinaus noch Jahre auf Unterstützung angewiesen sein würde.
Juni 2013