Viehhirten in Nordkenia: Besser gewappnet gegen die Dürre
Am Brunnen von El Besso: Für die Viehhirten und ihre Tiere spendet er das lebensnotwendige Wasser. Bente Stachowske / Caritas international
Um den Brunnen bei El Besso hat sich eine Traube Rinder und Kamele gesammelt. Auch einige Esel mit den typischen gelben Kanistern sind da. Und natürlich die Männer und Frauen, denen sie gehören. Iya Qoto ist 40 Kilometer zu Fuß gegangen, um die Wasserstelle zu erreichen. Zweimal in der Woche legt sie den Weg mit ihren zwei Eseln zurück, um Wasser für sich, ihre Familie und ihr Vieh zu holen. Sie hat sieben Kinder im Alter von zwei Monaten bis 18 Jahren. 60 Ziegen und Schafe, fünf Kühe und drei Kamele nennt die Familie ihr Eigen. Das ist ein guter Grundstock für Besitz, aber wenn das Wasser ausbleibt, ist dieser Besitz bedroht. 15 Ziegen haben sie wegen der Dürre schon verloren.
"Die Weideflächen sind weit weg vom Wasser und haben nur noch wenig Gras", erklärt Iya Qoto. "Wenn die Tiere nicht genug zu essen und zu trinken bekommen, werden sie immer schwächer. Die Schwächsten kommen dann nicht durch." Doch auch die Menschen sind vom Wassermangel direkt betroffen: Die Schule ihrer Kinder hat momentan geschlossen, weil es kein Wasser gibt. "Die Flachbrunnen bei uns in der Gegend sind fast ausgetrocknet", sagt Iya Qoto. "Deswegen muss ich jetzt diesen weiten Weg zum Wasser zurücklegen."
Wassermangel - ein ständiger Begleiter
Iya Qoto lebt in der Chalbi-Wüste, der heißesten und trockensten Region in Kenia. Es ist eine raue und nur spärlich bevölkerte Gegend. Sie ist mir ihren traditionellen Karawanenrouten die Heimat mehrerer nomadisch lebender Bevölkerungsgruppen: Gabbra, Borana, Rendille, Burji, Samburu oder Turkana nennen sie sich.
Der Tiefbrunnen bei El Besso, an dem auch Iya Qoto ihr Wasser holt, ist eine sichere Wasserquelle - Tagesmärsche von den nächstgelegenen Weideplätzen entfernt. Die Viehhirten führen hier ihre Kamele, Rinder und Ziegen an die Tränke. Esel erweisen als Lastentiere, beladen mit schweren Wasserkanistern, einen guten Dienst.
Die Menschen in der Chalib Wüste leben alle von der Viehzucht. Ackerbau ist auf dem steinigen, trockenen Boden unmöglich. Die Tiere geben Milch, und hin und wieder können die Menschen eines von ihnen verkaufen oder schlachten, um ihre Ernährung zu sichern. In ihren Rundhütten aus Ästen und Stoff, ohne Wasser und Strom, leben die Hirten seit Menschengedenken, angepasst an die widrige Natur und im Einklang mit ihren Tieren. Doch das Gleichgewicht wird gestört, wenn eines der wichtigsten Elemente für das Leben fehlt: das Wasser.
Zweimal im Jahr fällt normalerweise ergiebiger Regen in der Region Marsabit. Dann grünt und blüht die Wüste. Der Grundwasserspiegel steigt, und die Brunnen und Wassersammelbecken stellen genug bereit. Doch die letzte Regenzeit ist ausgefallen. Und auch die Regenzeit im Späthjahr will nicht richtig kommen.
Mittels Pumpen wird Wasser aus großen Tiefen in die Brunnen gepumpt. Doch letztes Jahr ist der mit Diesel betriebene Generator ausgefallen. Die Mitarbeiter von PACIDA sorgten dafür, dass eine Pumpe in El Basso mit einer Solaranlage ausgestattet wurde. Sonnenschein geht hier in der Wüste so gut wie nie aus. "Seitdem läuft die Pumpe, und ich kann immer Wasser holen, wenn ich herkomme. Wenn es das Solarsystem nicht gäbe, wären hier kein Mensch und kein Tier. "
Wasser am Kiosk - dank Caritas und PACIDA
An dem Wasserkiosk versorgen sich die Viehhirten aus einem Umkreis von rund 40 Kilometern.Bente Stachowske / Caritas international
Auch die zwanzigjährige Talaso Woto ist zum "Water Kiosk" gekommen, um Wasser für ihre Tiere und ihre Familie zu holen. "Heute Morgen vor Sonnenaufgang bin ich losgegangen", erzähl sie. "Heute Abend, nach Sonnenuntergang, werde ich wieder zu Hause sein." Dazwischen läuft sie ununterbrochen mit ihren Eseln, die das Wasser tragen, füllt die Kanister und kehrt wieder heim. An Essen ist während solcher Tage nicht zu denken. Das Essen ist momentan sowieso knapp, nicht nur für die Tiere, die immer magerer werden. Und wenn nicht bald Regen fällt, werden auch die Menschen in Ostafrika wieder hungern müssen. Dann wird Caritas international zusätzlich zum Wasser auch die Menschen mit Nothilfe und Nahrung versorgen müssen.
Linda Tenbohlen, November 2016