Um Mitternacht setzen bei Aalisha Rami* plötzlich Blutungen ein. Wenig später klingelt bei Hasida Khaled* das Telefon. Hasida ist Hebamme in Kabul. Sie greift ihren Koffer und fährt ins nahegelegene Flüchtlingscamp, wo Aalisha mit ihrer Familie lebt. "Mir war sofort klar, dass sie eine Fehlgeburt hat", berichtet Hasida Khaled. Aalisha war im vierten Monat schwanger.
Die Stimmung in der kleinen Lehmhütte, in der die Familie von Patientin Aalisha wohnt, ist sehr angespannt. Die Blutung will nicht stoppen. Doch die Hebamme handelt schnell und professionell. Alle atmen auf, als sich der Zustand der Patientin nach Stunden endlich stabilisiert.
Hebamme Hasida Khaled arbeitet mit weiteren Kolleginnen im Auftrag von Caritas international und Terre des Hommes in einigen informellen Flüchtlingssiedlungen und angrenzenden Wohngebieten Kabuls. Gemeinsam kämpfen sie dafür, dass sich die medizinische Versorgung der Frauen und Kinder verbessert und mehr von ihnen überleben.
Denn die Müttersterblichkeit ist in Afghanistan sehr hoch, selbst in Großstädten wie Kabul. Die letzte nationale Gesundheitserhebung, die 2018 in durchgeführt wurde, ergab, dass von 100.000 Müttern mehr als 600 bei der Geburt sterben. Auch bei Säuglingen ist die Sterblichkeitsrate gemessen an den nachhaltigen Entwicklungszielen der Weltgemeinschaft dramatisch.
Bereits vor der Machtübernahme der Taliban kamen auf 10.000 Menschen in Afghanistan nur zweieinhalb Krankenschwestern und ein Arzt. Seitdem die Taliban wieder das Land regieren, haben noch mehr gut qualifizierte medizinische Fachkräfte das Land verlassen. Die Folge: Landesweit entbinden mehr als 40 Prozent der Frauen zu Hause, ohne professionelle Begleitung und medizinische Versorgung. Die Hebammen-Teams von Terre des Hommes, die von Caritas international unterstützt werden, versuchen diese Lücke zu schließen.
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Zwar hat die Taliban-Regierung Frauen untersagt, in vielen Berufen zu arbeiten - das gilt auch für weibliche Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen -, doch der medizinische Sektor ist hiervon ausgenommen. Die Hebammen können also weiterhelfen, wenn auch unter strengeren Auflagen als zuvor. Sie sind oftmals die einzige medizinische Hilfe, die die Frauen, Kinder und werdenden Mütter erhalten.
Die Familien kennen die Hebammen gut, sie vertrauen ihnen. Die Teams arbeiten seit Jahren in den Armensiedlungen und leisten Großes. In der aktuellen Projektphase betreuen sie innerhalb eines Jahres rund 2800 Frauen in der Schwangerschaft und während der Geburt. Sie stehen 1900 Müttern und ihren Neugeborenen nach der Geburt und während der Stillzeit zur Seite. Zur Basisgesundheitsversorgung für Mutter und Kind gehören zudem die Abgabe von Vitaminen, Folsäure und Eisen sowie psychosoziale Betreuung.
Die Hebammen halten Schulungen ab, wo es möglich ist. Sie informieren Mütter, junge Frauen und Mädchen über Hygiene, Ernährung, Schwangerschaft, Gesundheitsförderung, Kinderrechte, Gewaltprävention und psychisches Wohlergehen. Frauen, die sich als freiwillige Gesundheitshelferinnen melden, werden ausgebildet. Sie tragen so das Wissen weiter, übernehmen die Funktion von Botschafterinnen und werden zu Anlaufpunkten in ihren Gemeinschaften.
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