Wir helfen
In einer Katastrophensituation richten sich unsere Hilfen am Bedarf der Betroffenen. Die Schicksale der Betroffenen sind individuell und divers. Unsere Hilfen demnach auch.
Beispiele: Vermittlung von Wohnraum infolge von Evakuierungen, Vermittlung von Sachgütern, Hilfe bei der Antragstellung, Bargeldauszahlungen und Bereitstellung von Telefonen zur Kommunikation.
In der Katastrophe ist Pragmatismus gefragt, kein kompliziertes Denken. Es ist wichtig, die Schockstarre zu überwinden und ins Handeln zu kommen – eins nach dem anderen, Schritt für Schritt.
- Was brauchen die Betroffenen, die vor einer zerstörten Existenz stehen? Einen Menschen, der ihnen zuhört, sie auffängt und mit ihnen gemeinsam die nächsten Schritte bespricht. Es geht oftmals darum, "einfach da zu sein".
- Die Betroffenen suchen in den meisten Fällen die Hilfsangebote nicht proaktiv auf. Wichtig ist also: Hingehen statt abwarten. Gerade am Anfang, wenn manche Gebiete nur eingeschränkt erreichbar sind. Das Prinzip der aufsuchenden Hilfen wird auch in den späteren Monaten wichtig bleiben.
- Sichtbarkeit ist wichtig: Nur wenn die Betroffenen uns wahrnehmen, kann Hilfe stattfinden. Organisieren Sie sich z.B. schnell Caritas-Kleidung oder einen Dienstausweis.
Soforthilfen
Soforthilfen sind erste unmittelbare Hilfen, ebenso Bargeldhilfen, die unmittelbar und ohne weitere Prüfung der Schadenslage und der Bedürftigkeit an flutbetroffene Haushalte ausgezahlt werden.
- Führen Sie Listen.
- Lassen Sie sich den Erhalt quittieren, um Doppelauszahlungen zu vermeiden.
Beispiele: Kleidung, Wasser, Nahrung, Hygieneartikel und Bargeldauszahlungen
Technische Hilfen
Direkt nach der Katastrophe sind technische Hilfen sehr wichtig.
Beispiele: Pumpen, Schubkarren, Schaufeln, Container und Bautrockner
Einige Caritasverbände, die in der Vergangenheit von Flutkatastrophen betroffen waren, besitzen eigene Bautrockner. Diese Geräte sind nach einer Flutkatastrophe von großem Wert. Die Bautrockner können innerhalb der Caritas-Familie verliehen werden.
Beispiele: Im Sommer 2021 schickte der Caritasverband Magdeburg Bautrockner ins flutbetroffene Ahrtal
Auch Caritasverbände in ehemaligen Flutgebieten unserer Nachbarländer sind teilweise mit Bautrocknern ausgestattet, z.B. Litoměřice in Tschechien.
Wichtig: Teilweise kann die Caritas technische Geräte bereitstellen oder finanzieren. Wenn technische Geräte (z.B. Bautrockner und Schubkarren) vor Ort angeschafft werden, müssen die Belege unbedingt für die spätere Abrechnung aufbewahrt werden. Versuchen Sie, die Verteilung von Geräten zentral zu organisieren.
Psychologische Hilfen
Wie geht es den Menschen?
Jeder Mensch reagiert individuell.
Viele Menschen fühlen sich allein gelassen und sind überfordert. Die Beschäftigung mit materiellen Verlusten steht im Vordergrund. Sie betreiben Schadensbegrenzung. Viele haben Gefühle von Angst und Ungewissheit.
Einige befinden sich in einem Schockzustand, sie haben Todesangst ausgestanden und funktionieren nun “ohnmächtig”. Nach anfänglicher Trauer kann es zu Aktionismus kommen, der von den Verlusten ablenkt. Menschen trauern auch um ihre Erinnerungen (Fotos etc.).
Sonderfall: Es kann sich eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, aber nicht alle Betroffenen sind traumatisiert.
Was können wir für Sie tun?
- Beruhigen, zuhören, Sicherheiten geben, aufklären, da sein, Vertrauen herstellen, Grundbedürfnisse sichern.
- Bezugspunkt geben (z.B. Begegbungszelt) - soziale Netzwerke sind wichtig!
- Menschen gezielt ansprechen, regelmäßig Präsenz zeigen.
- Unterstützen bei Alltagsaufgaben (strukturieren, priorisieren - was ist gerade am wichtigsten?)
- Bedarfe gezielt abfragen (Medikamente etc.)
- Ggf. weitere Ansprechpartner von der Notfallseelsorge hinzuziehen.
Wir organisieren
Fehler sind erlaubt!
Katastrophenhilfe bedeutet immer auch Chaos und die Konfrontation mit Unvorhersehbarem. Auf eine Katastrophe kann man sich nur sehr bedingt vorbereiten - sonst wäre es keine Katastrophe.
Sozialarbeiter_innen, Pfleger_innen, Verwaltungsangestellte und alle weiteren Caritas-Mitarbeitenden
im Katastrophengebiet sind keine ausgebildeten Katastrophenhelfer_innen – diesen Anspruch an sie gibt es auch nicht. Fehleinschätzungen und Überforderung sind also angesichts der herrschenden Umstände in einer solchen Situation völlig normal.
Spenden
Für bundesweite Spendenaufrufe im Rahmen einer großen Katastrophe stehen Caritas international bewährte Strukturen zur Verfügung (bundesweites Spendenkonto, Medienkooperationen etc.). Ob diese in Anspruch genommen werden, entscheidet die Leitung des DCV gemeinsam mit den DiCV
Darüber hinaus können auch betroffene Einrichtungen, DiCV und OCV selbst zu Spenden aufrufen. Das Ziel ist es, abgestimmt zu agieren. Die Anzahl der kommunizierten Spendenkonten sollte auf ein Minimum beschränkt bleiben.
Sachspenden entgegenzunehmen, zu lagern und zu verteilen, ist mit einem enormen Aufwand verbunden, der im Katastrophenfall schlichtweg nicht gestemmt werden kann. Aus diesem Grund sind Geldspenden viel zielführender, da sie genau für die Bedarfe vor Ort eingesetzt werden können. Das der Öffentlichkeit zu vermitteln, ist nicht immer leicht, da die Sachspender_innen ja von großer Hilfsbereitschaft angetrieben werden. Sachspenden sollten auf ein Minimum reduziert werden und, wenn sie nicht dem Bedarf entsprechen, abgelehnt werden.
Checkliste für den Krisenstab
- Wie viele Mitarbeitende sind selbst betroffen (und fallen aus)?
- Wie viele eigene Mitarbeitende stehen uns zur Verfügung?
- Welche eigenen Einrichtungen und Dienste sind betroffen?
- Wie stark sind diese betroffen?
- Welche Kommunikationskanäle fallen weg? Welche funktionieren noch?
- Ist die verbandseigene Infrastruktur beeinträchtigt?
- Welche Ressourcen aus benachbarten Verbänden stehen uns zur Verfügung (z.B. aus ambulanten und stationären Diensten)?
- Stehen uns Ausweichmöglichkeiten für betroffene Einrichtungen zur Verfügung?
- Haben wir bereits Kontakt zum Diözesanverband oder zu Caritas international?
Sorgfältige Hilfen: Dokumentieren & Daten erfassen
Finanzielle Soforthilfen sollten schnell und unbürokratisch sein. Gleichzeitig ist ein sorgfältiges Vorgehen wichtig, um beispielsweise doppelte Auszahlungen an Betroffene zu verhindern.
Tipps:
- Die Betroffenheit muss nachgewiesen werden (2021 gab es z. B. eine sogenannte Betroffenheitsbescheinigung der Landesregierung oder der Kommune).
- Adressen und Kontakte aus dieser Phase der Fluthilfe sind von großer Bedeutung für spätere Hilfen – die Kontakte sollten also gut dokumentiert werden.
- Die Höhe der Auszahlungen wird mit den DiCV abgestimmt. Das Ziel ist ein kohärentes Vorgehen im gesamten Caritas-Netzwerk
- Die PHOENIX-Datenbank bündelt Informationen über Auszahlungen über alle Hilfsorganisationen hinweg. Sie ermöglicht daher Transparenz und verhindert Mehrfachzahlungen (Zugang über DRK Sachsen; Schulungen sollten gebündelt über die DiCV organisiert werden).
- Auszahlungen müssen nicht zwangsläufig durch Sozialarbeiter_innen erfolgen, sondern auch andere Fachkräfte können hier einspringen, um Ressourcen zu sparen.
Checkliste: die ersten To-Do's
- Krisenstab einrichten: Dort werden Informationen ausgetauscht, Hilfen koordiniert, Entscheidungen getroffen und der Kontakt zum DICV/ggf. zu Caritas international/zu anderen Stellen sichergestellt.
- Fluthilfekoordinator_in benennen.
- Personalplan mit klaren Zuständigkeiten aufstellen (Mitarbeitende, die den Verband schon kennen, haben in der Katastrophenhilfe einen großen Vorteil gegenüber neuen Mitarbeitenden).
- Vernetzung mit Verbänden, die Erfahrung in der Katastrophenhilfe haben (evtl. Caritas international als Kontaktpool nutzen).
- Außenkontakte sicherstellen (zum Landkreis, anderen Hilfsorganisationen etc.).
- Wichtig: die „klassischen Hierarchien“ werden in einer Katastrophensituation teilweise ausgehebelt.
Wir kommunizieren
Wir sind da: Sichtbarkeit von der ersten Stunde an
Die Sichtbarkeit der Caritas im Katastrophengebiet ist wichtig – von Anfang an. Es hat sich gezeigt, dass vor allem die Kontakte in den „ersten Stunden der Katastrophenhilfe ausschlaggebend sind für langfristige Beziehungen zu Klient_innen. Wer am Anfang Hilfe sucht, kann auch später nochmal von den Fluthelfer_innen kontaktiert werden, um Hilfsangebote in späteren Phasen zu erhalten.
Aber wie kann Sichtbarkeit gelingen? Ganz einfache Mittel wie das Tragen von Kleidung mit unserem Logo zeigen den Menschen, dass wir da sind. Die „Dienstkleidung“ unterscheidet die Mitarbeitenden auch von anderen Menschen, die vor Ort unterwegs sind, und weist die Caritas-Mitarbeitenden als seriöse Unterstützer_innen aus.
Kommunikationswege überdenken
Die klassischen Kommunikationswege sind im Katastrophenfall oft beeinträchtigt.
Wie erreichen wir uns untereinander?
- Da die Festnetznummern oft nicht mehr funktionieren, sollten schnell Handynummern ausgetauscht werden, sofern das Mobilnetz noch intakt ist.
- Es können regelmäßig (zu Beginn: tägliche) Treffen in Präsenz festgelegt werden (lokaler Krisenstab).
Wie erreichen wir die Betroffenen?
- Direkt aufsuchen (persönlicher Kontakt)
- Online-Medien (z.B. Social-Media-Kanäle, Chatgruppen)
- Lokale Radiosender als Multiplikatoren (Fernseh- und Zeitungsnutzung sind oftmals beeinträchtigt)
- Informationsstände an zentralen Plätzen, Flugblätter
Checkliste: Was kommunizieren wir?
- Ausmaß der eigenen Betroffenheit
- Art der benötigten Spenden (Was brauchen wir, was nicht? Sachspenden, freiwilliges Engagement, finanzielle Unterstützung,...?)
- Spendenkonto
- Spendenstand
- Hilfsangebote der Caritas und Stand der Hilfen
Eine Flut an medialer Aufmerksamkeit
- Medienanfragen sollten entsprechend der Kapazitäten priorisiert und dann abgearbeitet werden.
- Die Medien sollen einen Überblick bekommen und aktuelle O-Töne sowie Geschichten aus den betroffenen Gebieten erhalten.
- Kritische Positionen müssen innerhalb des Verbandes abgestimmt und kommuniziert werden.
Laden Sie hier die gesamte Arbeitshilfe als PDF herunter.
Flutbroschüre zum Download
Die Fluthilfe der Caritas