Stimmen aus aller Welt
JEAN RÉNEL BAPTISTE
"Wir müssen in der Karibik jedes Jahr mit Wirbelstürmen rechnen."
Nach Hurrikan "Matthew" 2016 war mir klar: Es braucht einen Notfallplan für jeden Haushalt, jede Gemeinde. Denn wer vorbereitet ist, kann sich besser schützen. Ein Funksystem, Schutzhütten und Steinwälle gegen die Sturzfluten in den Bergregionen - das sind jetzt unsere wichtigsten technischen Stützen. Gemeinsam mit den Behörden haben wir auch in den entlegensten Dörfern Katastrophenschutzkomitees gegründet, die die technischen Anlagen regelmäßig warten und detaillierte Notfallpläne ausgearbeitet haben. Am wichtigsten ist es nämlich, dass die Menschen sich gegenseitig helfen: Den Nachbarn, die kein Radio haben, den alten Menschen, die nicht mehr laufen können, den Personen mit Behinderung, die auf eine Stütze angewiesen sind. Das Miteinander ist das A und O in der Katastrophenvorsorge und das muss geübt werden! Wer was im Ernstfall zu tun hat - das trainieren wir gerade in den Dörfern der Gemeinde Nippes. Das macht mir Mut."
LANA SNOBAR
"2013 wurde uns klar, dass die Geflüchteten aus Syrien psychologische Hilfe brauchen."
Viele waren traumatisiert, alle standen vor einem kompletten Neuanfang. Neben unseren Einzel- und Gruppensitzungen hat sich vor allem die Familientherapie bewährt. In vielen syrischen Familien hat die Flucht die traditionellen Rollen durcheinandergewirbelt: Die Männer verzweifelten, weil sie in Jordanien nicht arbeiten durften und ihre Familie nicht mehr ernähren konnten. Die Frauen begannen, sich umzuhören, Hilfe für die Familie zu organisieren und rutschten in die Versorgerinnenrolle. In der Therapie sprechen wir über Wege mit der neuen Rollenverteilung umzugehen. Wir denken auch an die Kinder und Jugendlichen: In unseren Projekten lernen sie durch Bildende Kunst, Theater und Musik ihre Gefühle auszudrücken und Angst abzubauen. Wir wünschen uns eine Generation von Kindern, die Kunst respektiert und nach ihrer Rückkehr nach Syrien zu einem Instrument greift und nicht zu einer Waffe.
WARIO GUYO ADHE
"Seit zehn Jahren wird das Wetter in Marsabit extremer"
Die Dürren häufen sich, und wenn es dann mal regnet, kommt es auch schnell zu Überschwemmungen, weil der ausgetrocknete Boden kaum Wasser aufnehmen kann. Für die Menschen hier ist beides verheerend. Sie leben als Nomaden und ziehen mit ihren Viehherden umher. Die Milch und das Fleisch der Tiere sind ihre Lebensgrundlage. Wenn das Weideland zerstört ist und die Tiere verhungern, wird es auch für die Familien schnell lebensbedrohlich. Deshalb versuchen wir, Wasser und Nahrung so lange wie möglich verfügbar zu halten. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort heben wir beispielsweise große Wasserrückhaltebecken aus. In der Regenzeit füllen sie sich mit Niederschlag und Oberflächenwasser, in der Trockenzeit dienen sie als Wasserreservoir für Mensch und Tier. Wir bauen auch unterirdische Zisternen, und wenn es hart auf hart kommt, helfen wir den Familien mit Bargeld und Nahrungsmitteln über die schweren Zeiten.
SOEUR MAI CLAUDETTE CHARLES
"Von meiner Mutter habe ich mitbekommen, wie viel wir doch von älteren Menschen lernen können."
Und als ich in meinen Orden eingetreten bin, habe ich beschlossen, mich um genau diese zu kümmern. Nach dem Erdbeben 2010 hatten viele ihre Familien und ihr Zuhause verloren. Es kam immer wieder vor, dass man ältere Menschen und auch Menschen mit Behinderung vor unserem Tor ablegte. Auch unser Heim hatte das Erdbeben komplett zerstört, einige unserer Bewohner*innen erinnern sich noch gut daran. Wir haben es gemeinsam wieder aufgebaut. Es so zu leiten, dass wir von der miserablen Versorgungslage in Haiti ein Stück weit unabhängig sind, fordert mich positiv heraus. Ich wachse daran. Mittlerweile bauen wir auf rund zehn Hektar Land unser eigenes Gemüse und Obst an. Ein vitaminreiches Essen ist für die alten Menschen wichtig, genauso wie unser Schönheitssalon und die Gesichtsmassage. Wir nehmen uns Zeit, wir lesen, lachen, weinen gemeinsam. Unser Heim ist eine kleine Insel der Hoffnung bei all den Krisen in Haiti.
PARVINA TADJIBAEVA
"Als wir unsere Arbeit 2010 aufgenommen haben, gehörten Menschen mit Behinderung nicht zum Straßenbild.
Sie wurden zuhause versteckt und verschwiegen. Seitdem haben wir Großes geleistet und sind dafür auch immer wieder ungewöhnliche Wege gegangen. Anfang Dezember 2019 haben wir zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung eine Konferenz veranstaltet und die Organisation komplett in die Hände von Menschen mit Behinderung gelegt. Eine jordanische Kollegin war beratend an ihrer Seite und hat sie unter anderem in ihren Vortrags- und Präsentationstechniken geschult. Die ganze Veranstaltung stand unter dem Motto: Wir Menschen mit Behinderung leisten einen Beitrag! Wir haben auch die Sitzordnung auf den Kopf gestellt. So saß zum Beispiel der Minister nicht mit seinen Kollegen am Tisch, sondern mit dem Rollstuhlbasketballteam. Das hat zwar erst einmal für Ärger und Verwirrung gesorgt, aber nach der Konferenz hatten alle verstanden, dass es genau darauf ankommt beim Thema Inklusion.
LIVA ROZARIO
"Ich komme sehr gerne hierher, um mit den Kindern und Jugendlichen zu arbeiten."
Sie brauchen uns. Mir gegenüber öffnen sie ihr Herz, und ich erfahre, was sie bewegt und was sie erlebt haben. In dieser Gegend hier am Fluss Buriganga leben viele Straßenkinder, weil sie bei den Großhändlern Jobs finden. Die Jungen helfen beim Aus- und Einladen oder Rikschaschieben, manche verkaufen auch Wasser. Den Mädchen bleibt oft nur das Betteln und Müllsammeln. Wenn sie älter werden, rutschen viele in die Prostitution ab. Das wollen wir unbedingt verhindern. Und das schaffen wir auch. Unsere Mädchen sollen einen Beruf ergreifen können. Dazu unterrichten wir sie in Lesen und Schreiben und versuchen, sie zurück auf die staatliche Schule zu bringen. Das ist eine harte Aufgabe. Manche von ihnen haben die Schule schon einmal abgebrochen, andere haben noch nie eine besucht. Aber ohne etwas Bildung werden sie nicht von der Straße wegkommen."