Ein Beitrag von Patrick Kuebart
Referatsleiter für Mittlerer Osten und Nordafrika bei Caritas international
18. März 2024 / Lesedauer: 1 Minute
Caritas international: Du stehst in engem Austausch mit humanitären Helfer_innen vor Ort. Wie geht es den Helfer_innen im Gaza Steifen?
Patrick Kuebart: Die Doppelbelastung ist enorm: Einerseits leisten sie fast ununterbrochen humanitäre Hilfe, andererseits sind sie selbst mit ihren Familien massiv vom Krieg betroffen, viele selber aus ihren Häusern geflohen. Eigentlich bräuchten alle Kolleg_innen vor Ort eine umfassende psychosoziale Begleitung, das ist aber im Moment nicht möglich. Deshalb versuchen wir einfach den Kontakt zu halten, in persönlichen Gesprächen Halt zu geben.
Wie geht es den Menschen und besonders den Kindern im Gaza-Streifen?
Kuebart: Sie kämpfen um ihr Überleben. Jede und jeder ist betroffen. Kinder trifft die Situation besonders hart. Der Nahrungsmangel macht sich bei ihnen schnell bemerkbar und führt zu Verzögerungen in der körperlichen und kognitiven Entwicklung. Viele leiden unter Durchfall, der insbesondere für unter Fünfjährige schnell lebensbedrohlich werden kann. Manche Kinder können ihre Familien in den Kriegswirren nicht wiederfinden. Andere haben ihre Eltern und Geschwister durch Bombenangriffe verloren. Nach UN-Angaben befinden sich derzeit rund 17.000 unbegleitete Kinder und Jugendliche im Gaza-Streifen. Was sie zuallererst brauchen, ist ein Dach über dem Kopf, ausreichend zu essen und Trinkwasser und geschützte Räume, in denen sie "Kind" sein können.
Kuebart: Die katastrophale humanitäre Lage vor Ort. Mir fehlt die Hoffnung, dass sich diese in absehbarer Zeit ändert. Schlimm ist auch, dass sich die Folgen noch lange zeigen werden. Ich habe erst im September letzten Jahres Projekte in Gaza besucht. Ich traf unter anderem einen Mann, der mit viel Herzblut und Expertise einen landwirtschaftlichen Betrieb aufgebaut hatte, um seine Landsleute mit frischem Obst und Gemüse zu versorgen. Sein Traum liegt nun wahrscheinlich in Trümmern.
Was beeindruckt dich am meisten?
Kuebart: Ganz klar das Durchhaltevermögen unserer Kolleginnen und Kollegen vor Ort! Obwohl sie und ihre Familien selbst massiv vom Konflikt betroffen sind, setzen sie sich unermüdlich für ihre Mitmenschen ein. Ich bin auch beeindruckt vom großen Engagement meiner Kolleg_innen hier in der Zentrale in Freiburg. Und natürlich auch von den vielen Menschen, die durch ihre Spende unsere Hilfe erst möglich gemacht haben.
Und wenn du einen Wunsch frei hättest?
Kuebart: Um weiterhin und noch besser helfen zu können, bräuchten wir weniger Einfuhrschwierigkeiten, eine humanitäre Feuerpause und – ich sage es ganz ehrlich – dringend noch mehr Spendengelder. Unsere Partner leisten ihr Möglichstes, um Leid zu lindern.
Dieses Interview erschien erstmals im Spendermagazin 01/2024 im März 2024.
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