"Ständig musste ich mit den Verbandsmaterialien an die Front. Und ich musste erleben, wie man die Kinder und Kämpfer erschießt, die zu stark verwundet sind, um weiter mitmarschieren zu können", berichtet eine ehemalige Kindersoldatin. Sie war kaum 14 Jahre alt, als sie den Mai-Mai Milizen dienen musste.
Der Ostkongo ist bekannt für Rekrutierung von Jungen und Mädchen als Kindersoldaten, für Zwangsarbeit oder für Kinderehen. Die damit einhergehenden Kinderrechtsverletzungen und das Leid der Minderjährigen sind unvorstellbar. Viele von ihnen hatten keine Kindheit und kennen keinen Frieden, sie sind tief traumatisiert.
Hintergrund der Zwangsrekrutierungen ist der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt in der Demokratischen Republik (DR) Kongo. Über 120 bewaffnete Gruppen kämpfen um Territorien, natürliche Ressourcen und um politischen Einfluss. Durch den wachsenden Bedarf an Mineralien und seltenen Erden, die im Kongo reichlich vorkommen und weltweit für die Produktion von Akkus, Prozessoren und technischen Geräten gebraucht werden, spitzte sich die Situation in den vergangenen Jahren noch weiter zu. Besonders betroffen ist der Osten des Landes. Leidtragende der hier bestehenden Konflikte sind primär Zivilisten. Ihr Leben ist von Überfällen, Vertreibungen, Geiselnahmen und grausamer, oft sexualisierter Gewalt geprägt. Die Rekrutierung von Kindersoldaten und die Zwangsarbeit von Kindern zur Finanzierung der Rebellengruppen sind fester Bestandteil des brutalen Konflikts.
Seit Jahren setzt sich die Caritas erfolgreich für die Freilassung und Wiedereingliederung der Kindersoldaten ein.
"Mit Hilfe der lokalen Autoritäten und mit Unterstützung von Caritas international konnten wir bereits viele Rebellenführer davon überzeugen, die Kinder wieder gehen zu lassen. Das erreichen wir beispielsweise durch Radioprogramme und durch Verhandlungen", erklärt Abbé Richard, Direktor der Caritas Goma.
Die DR Kongo verfügt über ein staatliches Programm zur Entwaffnung von Kindersoldaten und ist politisch bemüht, die seelisch und körperlich verwundeten Kinder zu befreien. Die Caritas Goma unterstützt dieses Bemühen in den Konfliktregionen. Die Hilfen konzentrieren sich insbesondere auf die Region Nord-Kivu. Über die Hälfte der Menschenrechtsverletzungen und des Missbrauchs von Kindern, die von der UN als schwere Verletzungen von Kinderrechten erfasst werden, entfallen auf diese Region.
Die Caritas Goma wirbt Kindersoldaten aus Milizen und Armeeeinheiten ab. Im Interview erklärt Der Leiter des Programms zur Demobilisierung von Kindersoldaten der Caritas Goma, wie das funktioniert:
Über 12.000 Kinder haben die Expert_innen der Caritas Goma seit 2004 aus den Strukturen der bewaffneten Gruppierungen befreit. Ein beachtlicher Erfolg, bedenkt man, wie schwierig die Verhandlungen mit allen Beteiligten sind.Sind die Kinder einmal befreit, entwaffnet und haben ihre behördlichen Papiere erhalten, kommen sie in Transitzentren der Caritas Goma oder bei sorgfältig ausgesuchten Gastfamilien unter - solange, bis ihre Ursprungsfamilien gefunden sind. In den Zentren und bei den Gasteltern werden die Kinder von Anfang an medizinisch versorgt und psychosozial begleitet.
Sind die Angehörigen gefunden, unternimmt die Caritas Goma zuerst eine Bewertung, um festzustellen, ob eine Wiedereingliederung im besten Interesse des Kindes ist und ob die Familien in der Lage sind, sich um das Kindeswohl zu kümmern. Erst wenn das sichergestellt ist, findet eine Zusammenführung statt.
Allein in der letzten Projektphase wurden 390 Ex-Kindersoldaten und Kinder aus Zwangsarbeit durch die Caritas Goma gerettet und wieder mit ihren Familien zusammengebracht.
Innerhalb der Gemeinschaften herrscht viel Angst vor den kämpferischen Gruppierungen. Es kommt daher vor, dass auch die Kinder, die unter Zwang als Soldaten kämpfen mussten, als Gefahr angesehen und von ihren Familien zurückgewiesen werden. In diesen Fällen setzt die Caritas auf Mediation. Sie spricht mit den Familienangehörigen, den Gemeindemitgliedern und arbeitet eng mit den lokalen Autoritäten, darunter Stammes- oder Religionsführern, zusammen. Mit großem Erfolg: in fast allen Fällen wurden die Kinder wieder akzeptiert und erfolgreich in den Gemeinden aufgenommen.
Schulbildung für ein normales Leben
"In unseren fünf Zentren versorgen wir im Jahr hunderte Kinder", berichtet der Direktor der Caritas Goma. "Sie erhalten bei uns Essen, Kleidung, psychologische Unterstützung, und sie gehen auch zur Schule. In Bildungskursen, die zwischen sechs Monaten und einem Jahr dauern, versuchen wir, ihnen einen Beruf zu vermitteln."
Für Direktor Abbé Richard und sein Team bei der Caritas Goma hat es oberste Priorität, die Kinder wieder in das zivile Leben zu integrieren. Deswegen schreiben sie die geretteten Kinder schnell wieder in Schulen ein, das Schulgeld und die Schulmaterialen übernimmt die Caritas. In den vergangenen Projektphasen hat die Caritas zudem weiterführende Berufsausbildungen, beispielsweise in Zimmereien, Schneiderein oder Bäckereien, finanziert. Ob Letzteres möglich ist, hängt immer von der aktuellen Finanzierungslage ab.
Ermöglichen Sie ehemaligen Kindersoldaten eine Berufsausbildung - mit Ihrer Spende!
Neben all diesen Unterstützungsmaßnahmen liegt ein weiterer Fokus der Caritas Goma auf Sensibilisierung. Beispielsweise über Radiosendungen klären die Expertinnen und Experten die Bevölkerung, Gemeindeverwaltungen und staatliche Autoritäten wie Militär und Polizei über die Situation der Kindersoldaten auf und sensibilisieren für Kinderrechte. Durch diese Öffentlichkeitsarbeit wird der Druck auf die Milizen erhöht, die Kinder freizugeben.
Da sich die Lage im Osten der DR Kongo weiter verschlechtert und der Bedarf an Kinderschutz immer größer wird, möchte Caritas Goma die Präventions-, Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen für alle Akteure intensivieren und neue Strategien der Annäherung und des Plädoyers gegenüber den Anführern der bewaffneten Gruppierungen definieren. Gleichzeitig werden die Kinderschutzprojekte, die sich über mindestens zwei Jahre erstrecken, ausgebaut. Caritas international unterstützt die Caritas Goma in all ihren Bemühungen. Mithilfe Ihrer Spende können wir gemeinsam noch mehr Kinder retten.