Zwischen Wellblechhütten und Hoffnung
Aurora (links im Bild) ist acht Jahre alt. Zusammen mit ihrer Mutter Yenni und ihren drei Geschwistern wohnt sie in einer acht Quadratmeter großen Hütte aus Lehm und Wellblech. Die Hütte steht in Nueva Alianza, einer inoffiziellen Siedlung am Rand der Stadt Cúcuta. Aurora und ihre Mutter haben sich bereit erklärt, stellvertretend für die Menschen von Nueva Alianza vor der Kamera zu stehen. Eine Woche lang ließen sie die bekannte Fernsehmoderatorin Nazan Eckes (RTL-Magazin "Extra") und ein Kamerateam aus Deutschland an ihrem Schicksal teilhaben. Millionen Fernsehzuschauer und Zuschauerinnen in Deutschland lernen Aurora und ihre Familie Anfang Dezember bei der ZDF-Spendengala "Ein Herz für Kinder" kennen.
Die Familie machte bei der ZDF-Gala "Ein Herz für Kinder mit", bei der Spenden für die venezolanischen Migrantenfamilien und Geflüchteten gesammelt wurden, die in Kolumbiens inoffiziellen Siedlungen leben. Foto: Andrea Puentes
Aurora und ihre Mutter Yenni Segovia Ramos gehören zu den 92 Familien, die in den vergangenen drei Jahren die Siedlung Nueva Alianza aus dem Boden gestampft haben. Sie liegt in einem engen Tal am Rande der kolumbianischen Großstadt Cúcuta, das von zwei steilen Hügeln mit dornigem Buschwerk und Bäumen eingeschlossen war. Das Dornengestrüpp ist längst einer bunten Landschaft aus mit Wellblech gedeckten Bretterverschlägen und windschiefen Lehmhütten gewichen. Auroras Zuhause besteht aus einer dunklen Wohnkammer und einem mit einem Tuch abgetrennten Schlafbereich. Dort liegen aufeinandergestapelt zwei mit Plastikfolie geschützte Matratzen. Die Küche besteht aus zwei Kochplatten. Zu Essen hat die Familie selten genug. Aber immerhin haben sie jeden Tag zu essen. Und das ist schon deutlich mehr, als sie in ihrer Heimat in Venezuela zuletzt hatte.
Von der Flüchtlingssiedlung Nueva Alianza aus hat man einen weiten Blick auf die Stadt Cúcuta und die Berge. Die gehören schon zu Venezuela. Die Bewohner_innen sehen also täglich ihre Heimat, sind ihr aber doch fern.Foto: Andrea Puentes
Von Auroras Zuhause hat man einen weiten Blick auf die Stadt Cúcuta und die Berge. Die gehören schon zu Venezuela. Die Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela ist nur wenige Kilometer entfernt. Der Fluss Tachira, so breit wie die Isar in München, trennt die beiden Länder hier. Der Durchschnittslohn eines Arbeiters in Venezuela liege zurzeit bei zehn US-Dollar pro Woche, erzählt uns Nachbar Sergio Martinez (58). Das reiche gerade für ein Brot und zwei Kilo Reis. Er hat seine Heimat vor vier Jahren verlassen. Als Bauarbeiter fand er zuletzt keine Arbeit mehr. Sein Haus im Norden Venezuelas hat er seiner Mutter überlassen. Er selbst lebt jetzt mit seiner Frau Dulce in einem Bretterverschlag am Fuße des Steilhangs von Nueva Alianza. Trotzdem sind Sergio und Dulce glücklich hier. Als Straßenhändler verkaufen sie Tabak, Zigaretten, Bonbons und Kaugummi im Zentrum von Cúcuta. Das Geld reicht, damit sie jeden Tag zu essen haben. Es bleibt sogar ab und zu noch ein bisschen übrig.
Das Ehepaar kam vor vier Jahren nach Venezuela auf der Suche nach einem besseren Leben. Sie sind froh, die schwere Entscheidung damals getroffen zu haben, denn jetzt haben sie jeden Tag zu essen.Foto: Andrea Puentes
Dem Teufelskreis aus Armut, Gewalt und Ausbeutung in den Flüchtlingssiedlungen stellen sich viele helfende Hände entgegen. Zu ihnen gehört Schwester Teresa Builes. Sie ist so etwas wie die gute Seele des Viertels, sagen die Bewohner_innen. Schwester Teresa arbeitet seit 2019 als humanitäre Helferin in Nueva Alianza. Caritas international gegenüber spricht sie von "extremer Armut" in der Siedlung, einem Leben ohne Kanalisation, mit provisorischer Strom- und Trinkwasserversorgung zwei- bis dreimal pro Woche. Etwa die Hälfte der über 300 Einwohner_innen von Nueva Alianza sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Um sie und ihre Mütter macht sich Schwester Teresa die größten Sorgen. Oft könne sie nicht schlafen, weil sich ihre Gedanken endlos um das Schicksal der Schutzsuchenden drehe, verrät die Schwester. Doch aufgeben wird Schwester Teresa nicht. Sie kämpft weiter dafür, dass migrantische Frauen und Kinder bessere Perspektiven und damit ein besseres Leben bekommen. Schwester Teresa sagt:
"Es gibt etliche Frauen, die, um ihre Kinder zu ernähren, keinen anderen Ausweg sehen als die Prostitution. Deshalb ist es so wichtig, Kurse für sie anzubieten, um ihnen eine bessere Bildung und damit mehr Perspektiven zu eröffnen. "
Jetzt für Geflüchtete in Cúcuta spenden
„Das was wir hier sehen, ist hart, sehr hart", sagt Schwester Teresa Builes. Sie hilft den Bewohner_innen in der Flüchtlingssiedlung Nueva Alianza bei allem, was so anfällt. Foto: Andrea Puentes