Drei mutige Frauen aus Lwiw
Maria arbeitet seit zwölf Jahren für die Caritas in der Ukraine. Bis vor wenigen Tagen leitete sie diesen Caritas-Kindergarten in Lwiw. Doch mit Beginn des Krieges änderte sich alles, von einem Tag auf den anderen. Nun ist der Kindergarten Lagerhaus für Hilfsgüter und Flüchtlingsunterkunft. Maria koordiniert und leitet die Logistik der Hilfsgüterverteilung. "Ich werde bleiben, ich kann nicht gehen", sagt Maria. Sie weiß, sie wird dringend gebraucht.
Normalerweise kümmern sich Maria und ihre Mitarbeiterinnen um Kinder aus prekären Verhältnissen und mit besonderen Bedürfnissen. Die Lebensumstände der Kinder hätten sich durch den Krieg häufig noch verschlimmert, berichtet Maria. Deswegen hält die Caritas ein "Notprogramm" aufrecht. Im Kindergarten stehen Psycholog_innen und Mitarbeitende weiterhin für Gespräche zur Verfügung. Gleichzeitig kochen sie warme Mahlzeiten und nehmen Flüchtlinge auf. Auch die Familien der Kindergartenkinder werden, wenn nötig, mit Essen und Hilfsgütern versorgt.
Momentan geht die Stadtverwaltung von mehreren hunderttausend Flüchtlingen in Lwiw aus. Die Stadt sei an ihrer Belastungsgrenze angelangt, sagt Maria. Nahezu jeder, der die räumlichen Möglichkeiten besitze, habe Flüchtende aufgenommen. Doch es gibt Hoffnung: "Es ist überwältigend zu sehen, welche Unterstützung wir hier von der ganzen Welt, aber insbesondere anderen Caritas-Verbänden im Ausland erhalten", sagt Maria - und nennt ein Beispiel:
Vor einigen Tagen habe sich eine Familie an sie gewandt, deren Kind an Cerebralparese erkrankt ist - eine gehirnbedingte Lähmung. Durch die speziellen Bedürfnisse des Kindes war an eine beschwerliche Flucht mit ungewissem Ausgang nicht zu denken. Innerhalb kürzester Zeit fand Maria eine Lösung: Sie brachte die Familie vorübergehend in einer lokalen Caritas-Einrichtung in der Ukraine unter und trat gleichzeitig mit der Caritas Tschechien in Kontakt. Die Kolleg_innen in Tschechien nahmen sich der Familie an und organisierten sowohl eine bedarfsgerechte Unterbringung in Tschechien als auch den sicheren Transport. Es sind Erfolgsgeschichten wie diese, die Maria und ihren Mitstreiterinnen Hoffnung und Kraft geben.
Sofiya steht im sogenannten "Pampers Room" des Kindergartens, wo jetzt Hilfsgüter für Kleinkinder lagern: Windeln, Babynahrung und vieles mehr. Sofiya ist eigentlich Psychologin im Kindergarten. Jetzt unterstützt sie neben bedürftigen Kindern und ihren Familien in Lwiw auch viele Geflüchtete.
Auch in dieser Grundschule in Lwiw wurden mehrere Schlafsäle für Geflüchtete eingerichtet. Die Menschen können hier einige Tage lang zur Ruhe kommen und Kraft sammeln. Psychologin Sofiya berichtet, in den ersten zwei Tagen seien die meisten Vertriebenen schwer traumatisiert und bräuchten viel Ruhe, doch dann beginne sich jeder einzubringen. "Frauen und Männer - viele von ihnen warten noch auf ihre Einberufung - übernehmen die Registrierung am Eingang, putzen, räumen auf, betreuen andere und kümmern sich um die Kinder. In Passivität verharren will hier niemand", sagt sie.
Jede Hand ist jetzt gefragt. Wenn Sofiya zwischen ihren Gesprächen mit Patient_innen Zeit hat, packt auch sie mit an. Zusammen mit Tetiana Stawnychy, der Präsidentin der Caritas Ukraine, trägt sie eines der Nahrungsmittelpakete, das in der Sammelstelle im Kindergarten gepackt wurde, zu einer zentralen Betreuungsstelle der Caritas.
Frauen wie Maria,Sofiya und Tetiana Stawnychy beweisen großen Mut. Sie kämpfen weiter, obwohl auch sie erschöpft sind und Angst haben. Kurz liegen sich die Helferinnen in den Armen. Einen Moment durchatmen - dann geht es weiter. Es gibt noch viel zu tun.
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Alle Fotos: Fabian Berg