Ein Ortsbesuch im Ahrtal im Mai 2023: Wenn man durch die Innenstadt von Bad Neuenahr-Ahrweiler geht, könnte man teilweise meinen, alles sei ganz normal. Zumindest, wenn man ab und zu mal die Augen verschließt vor Baugerüsten, schmutzigen Scheiben und verwaisten Geschäften. "Im Moment gibt es jeden Tag irgendwo eine Wiedereröffnung - ein Modegeschäft, eine Pizzeria, ein Café", erzählt Christiane Böttcher von der Caritas Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Nur wenige Kilometer weiter entfernt bietet sich jedoch ein völlig anderer erster Eindruck. Kleine Dörfer entlang der Ahr, früher idyllische Orte am Wasser, wirken auch zwei Jahre nach der Flut überhaupt nicht normal. Hier standen die Häuser teils bis zum Giebel unter Wasser, manche wurden vollständig von der Flut mitgerissen. Hier sind viele Häuser verwahrlost, einsam, leer.
Das große, offensichtliche und alles umfassende Chaos der ersten Monate in den deutschen Flutgebieten ist beseitigt. Manche Menschen haben bereits wiederaufgebaut, leben ihr Leben weiter. Aber viele stehen noch immer vor den Trümmern ihrer Existenz: Finanziell, materiell, psychisch. Vieles zieht sich in die Länge, alles kostet Kraft. "Die Menschen haben oft erst jetzt die Zeit, sich mit dem Geschehenen auseinanderzusetzen", beobachtet Christiane Böttcher im Ahrtal.
Ein Besuch im Ahrtal, der am stärksten, doch bei weitem nicht allein betroffenen Flutregion, zeigt gut, wie viel bereits geschafft wurde - aber auch, wie viel noch vor den Menschen liegt.
Caritas-Hilfen nah am Menschen
Die Caritas stand den Menschen von Anfang an zur Seite und versucht ihnen die Kraft und die Mittel zu geben, den Neustart anzugehen. 25 Fluthilfebüros wurden eröffnet (zur Übersicht). Tausende Haushalte erhielten Soforthilfen, um die Tage und Wochen nach der Katastrophe zu überstehen und sich mit den nötigsten Haushaltsmitteln einzudecken. In individuellen Beratungsgesprächen wurde mit den Betroffenen ihre Situation und die Optionen besprochen und Anträge an Versicherungen oder für staatliche Förderung geprüft. Bautrockner der Caritas trockneten unterdessen die durchnässten Wände der überfluteten Häuser.
Ein weiterer Fokus der Caritas-Hilfen in den ersten zwei Jahren nach der Flut: Die psychische Gesundheit der Betroffenen. So wurden über 11.500 psychosoziale Beratungsgespräche geführt, Erholungsurlaube beantragt, Mutter-Kind-Kuren und Freizeiten organisiert und vieles mehr. Es lässt sich festhalten: In den ersten zwei Jahren nach der Katastrophe sind die betroffenen Caritasverbände in den Diözesen Aachen, Essen, Köln, Paderborn, Trier über sich hinausgewachsen.
Deutschlandflut – das ist bislang geschehen
- Die Caritas hilft in allen fünf Diözesen, die von der Flut betroffen sind: Aachen, Essen, Köln, Paderborn, Trier.
- Caritas international hat 50,8 Millionen Euro an Spendengeldern erhalten.
- hochqualifizierte Caritas-Fachpersonal berät die Betroffenen in 25 Caritas-Fluthilfebüros (eine Karte und die Kontaktdaten aller Fluthilfebüros finden Sie hier).
Unter anderem wurden
- Soforthilfen an 5.800 Haushalte ausgezahlt
- Einrichtungsbeihilfen an 7.000 Haushalte ausgezahlt
- 11.500 psychosoziale Beratungsgespräche geführt
- 777 Baufachberatungsgespräche geführt
- 33.500 Menschen im Rahmen durch psychosoziale Angebote (z.B. Mutter-Kind-Kuren, Erholungsurlaube, Gruppenangebote etc.) unterstützt
- 266 Bautrockner an Betroffene verliehen, um Wasserschäden zu bekämpfen.
Die Caritas wird noch Jahre im Flutgebiet bleiben und die Menschen dauerhaft unterstützen.
Nun steht der Wiederaufbau im Fokus
Die Caritas hilft den Menschen in den Flutgebieten langfristig und nachhaltig. Aktuell unterstützen die zahlreichen Mitarbeiter_innen der Caritas die Betroffenen vor allem beim Wiederaufbau. 777 Baufachberatungen haben bereits stattgefunden, außerdem werden Wiederaufbauhilfen für den Aufbau von privatem Wohnraum an die Betroffenen ausgezahlt.
Ein weiteres Ziel der Caritas: Gemeinsam mit den Menschen den zerstörten Sozialraum nachhaltig wiederzubeleben. Das ist für viele Gemeinden ohnehin eine große Herausforderung. Hierzu braucht es Begegnungsräume und Orte für Austausch. So wird die Einsamkeit, unter der viele Menschen leiden, bekämpft, um die Gesellschaft wieder näher zusammenrücken zu lassen. Orte für Austausch können Mittagstische, Cafés, Caritas-Waschsalons und vieles mehr sein. Die Caritas geht dabei auch ungewöhnliche Wege, organisiert tiertherapeutische Alpaka-Wanderungen oder oder finanziert Menschen ein Hobby, wenn es der Traumabewältigung dient. Und sie nimmt diejenigen in den Fokus, deren Stimme sonst vielleicht nicht laut genug wäre - beispielsweise durch traumapädagogische Angebote für Kinder oder psychologische Begleitung retraumatisierter Kriegsflüchtlinge.
Die Fluthilfe der Caritas ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Solidarität in Deutschland und die Unterstützung der Caritasarbeit durch über 50 Millionen Euro an Spendengeldern ermöglichen es den Fluthilfeteams, noch lange Zeit an der Seite der Menschen zu bleiben. Dafür danken wir allen Spenderinnen und Spendern von Herzen.